Betriebliches Krisenmanagement ist nicht nur in Corona-Zeiten wichtiger denn je; doch die Krise des Coronavirus hat viele Aspekte für ein erfolgreiches Krisenmanagement verschoben. Die Politik hat durch ihr eigenes fehlerhaftes Krisenmanagement einerseits Insolvenzen verursacht, andererseits durch ihre sehr diversen Maßnahmen mit unterschiedlichem Ergebnis zur Rettung von Unternehmen beigetragen. Dennoch hat sie den Eindruck erweckt, ein betriebliches Krisenmanagement sei nur bedingt erforderlich. Weil die Politik begrenzte Hilfen bereits verlängert hat und die Forderungen nach Ausweitungen massiv zunehmen, stimmen viele Firmen diesem Eindruck zu.
Umfrage zum betrieblichen Krisenmanagement
Im August 2020, also kurz vor dem Ende der Sommerferien während der Corona-Krise, fand eine nicht repräsentative Umfrage bei ausgewählten Firmen zum Thema Krisenmanagement statt.
Acht von 10 Teilnehmer gaben an, nicht über ein betriebliches Krisenmanagement zu verfügen und es auch nicht für erforderlich zu halten; denn die Corona-Krise habe gezeigt, dass die Krise mit bewährtem Management, wenn auch mit mehr Aufwand, zu bewältigen sei. Einbrüche in Umsatz und Ergebnis seien zwar unvermeidbar, könnten aber nach der Krise ausgeglichen werden. Natürlich seien Umstrukturierungen in der Betriebsorganisation unausweichlich. Die staatlichen Überbrückungshilfen in Anspruch zu nehmen, sei das Gebot der Stunde.
Stellungnahme zur Umfrage
Diese Umfrage, die nicht ganz bedenkenfrei ist, bedarf einer Stellungnahme.
Zweifel an den 20 Prozent
Die Umfrage ist zwar nicht repräsentativ, sie gibt aber dennoch ein unterschwelliges Stimmungsbild in der Wirtschaft wieder. Allerdings ist die geringe Zahl von 20 Prozent der befragten Firmen mit betrieblichem Krisenmanagement zu bezweifeln, da alle Aktiengesellschaften gem. § 91 Abs. 2 AktG zum Krisenmanagement verpflichtet sind. Im Übrigen sind viele Start-ups als Aktiengesellschaften organisiert.
Bewährtes Management
Zweifel ergeben sich auch aus der Behauptung, dass zur Bewältigung von Krisen ein im Tagesgeschäft bewährtes Management ausreicht; denn Krisen sind keine Begebenheiten des üblichen Wirtschaftslebens, sondern Ereignisse, die mit Gefahren und Risiken verbunden sind.
Im schlimmsten Fall kosten Krisen die Existenz des Unternehmens. Deshalb bedürfen sie zu ihrer Bewältigung eines einsatzbereiten Krisenmanagements.
Warten auf das Ende der Krise
Das Festhalten am bewährten Management, das nach der Krise die Schäden wieder in Ordnung bringen soll, ist grob fahrlässig; denn diese Einschätzung setzt voraus, dass das Unternehmen die Krise überdauert. Sonst wird aus dem Warten auf das Krisenende ein „Warten auf Godot“.
In der Regel sind Produkte zu verändern oder weitere Vertriebswege zu erschließen, kurz neue Ideen zu entwickeln, damit ein Unternehmen die krisenbedingten Einbrüche überwinden kann. Neue Ideen sind allerdings die Domäne von Start-up und nicht von „normalen“ Firmen.
Deshalb ist zur Krisenbewältigung ein einsatzbereites Krisenmanagement erforderlich; sonst steht zu befürchten, dass „normale“ Firmen mit ihrem nur in der täglichen Arbeit geschulten Management ideenlos auf das Ende der Krise warten. Sie unterstellen dabei, es auch zu erleben. Deshalb sind die geäußerten Zweifel an den in der Umfrage genannten 20 Prozent der Unternehmen mit Krisenmanagement gegebenenfalls zu berichtigen.
Kurzarbeit als staatliche Überbrückungshilfe
Kurzarbeit hat zunehmend die Aufgabe einer staatlichen Hilfe zur Überbrückung der Corona-Krise übernommen.
Berechtigung zur Kurzarbeit
Viele Unternehmen beantragen die Kurzarbeit, wenn sie berechtigt, aber auch wenn sie nicht bedürftig sind.
In der Praxis hat sich eine Vierteilung von Firmen ergeben, die unter den Antragstellern zu finden sind. Das sind zunächst solche, die zur Kurzarbeit berechtigt sind; bei anderen ist die Kurzarbeit grenzwertig, moralisch zwar bedenklich, rechtlich aber erlaubt. Für die dritte Firmengruppe ist die Kurzarbeit sowohl moralisch als auch rechtlich nicht einwandfrei. Die vierte Gruppe ist zur Anmeldung von Kurzarbeit überhaupt nicht berechtigt, nimmt sie aber in Anspruch, weil ihr der Einstieg durch die Bewilligungsbehörde leicht gemacht wird.
Verlängerung der Kurzarbeit
Da die Bundesregierung die Kurzarbeit sogar für bestimmte Konstellationen auf das Jahresende 2021 verlängert hat, hat sie deren Charakter als Überbrückungshilfe bestätigt.
Damit hat sie die moralische Einstiegsbarriere unabsichtlich für zweifelhafte Antragsteller gesenkt; denn solche Unternehmen beruhigen ihr Gewissen in der Regel mit dem Hinweis, die Inanspruchnahme von Kurzarbeit sei die Anforderung einer Versicherungsleistung. Sie riefen gerade nicht Steuergelder ab.
Diese Firmen vergessen, dass der Staat, also der Steuerzahler, haftet, wenn die Versicherung die Corona-bedingt gestellten Ansprüche nicht bedienen kann.
Kehrseite der Kurzarbeit
Die Kehrseite der Kurzarbeit als gut gemeinte Unterstützung ist der Totalausfall von Krisenmanagement bei Unternehmen, die dadurch die Corona-Krise überstehen wollen; denn die Firmen und ihre Eigentümer sehen keine Notwendigkeit, durch eigene Anstrengungen und auf eigene Kosten die Schäden der Krise zu beheben. Auch die Not, die sprichwörtlich erfinderisch macht, wird ausgeblendet.
Finanzielle Corona-Hilfen als Feigenblatt
Die Annahme oder Beantragung finanzieller Überbrückungshilfen über die Corona-Krise ist praktisch zum Gebot der Stunde geworden. Sie dienen den Firmen als Feigenblatt dafür, dass sie kein betriebliches Krisenmanagement benötigen; denn die staatlichen Zahlungen ersetzen die finanziellen Ausfälle im Umsatz. Praktisch und scheinbar ist die Corona-Krise für sie gar nicht entstanden.
Überbrückungshilfen für „Vor-Corona-Fälle“
Für finanzielle Schieflagen, die erst durch die Corona-Krise sichtbar geworden sind, aber bereits vorher entstanden waren, können Überbrückungshilfen beantragt werden.
Die Unterstützungen sind nämlich auch dann zu bekommen, wenn die Ursachen auf falschen Managemententscheidungen aus der Vor-Corona-Zeit beruhen. So ist die Corona-Krise allgemein zum Anlass und zur Entschuldigung für Umstrukturierungen und Entlassungen geworden, und zwar selbst dann, wenn sie nicht mit staatlichen Hilfen bezahlt werden.
Verband als Antragsteller
Inzwischen beantragen nicht nur Unternehmen direkt Corona-Hilfen; sondern auch Berufsverbände stellen Ansprüche für ihre Mitglieder an die Bundesregierung.
Eine Summe im dreistelligen Millionen-Bereich soll an die Verbände selbst zu zahlen sein. Diese Forderungen dienen den Firmen in Wirklichkeit dazu, unter dem Vorwand der Corona-Krise und auf dem Umweg über die Verbände bisher abgelehnte Hilfsgelder dennoch zu erhalten.
Die Kehrseite der finanziellen Hilfen
Anders als bei der Kurzarbeit sind die finanziellen Überbrückungshilfen der Corona-Krise Zahlungen aus Steuereinnahmen.
Deshalb überrascht, dass Unternehmen Unterstützungen bei Schieflagen beantragen, die vor der Corona-Krise entstanden sind, und, dass Berufsverbände für ihre Mitglieder vorstellig werden. Auf Kosten der Allgemeinheit sollen schon vor der Krise fehlerhaft gemanagte Unternehmen saniert werden. Diesem unverfrorenen Ansinnen muss der Staat entgegentreten und die Firmen ermahnen, rechtzeitig für ein geeignetes betriebliches Krisenmanagement zu sorgen.
Zusammenfassung der Stellungnahme
Die nicht repräsentative Umfrage hat im Ergebnis eine gewisse Sorglosigkeit der Unternehmen im Umgang mit dem betrieblichen Krisenmanagement aufgedeckt.
Bei näherer Betrachtung stellt sich heraus, dass die Corona-Krise an dieser Einstellung wenig geändert hat; denn der Staat ist zur Überbrückung von krisenbedingten Schäden eingesprungen und hat weitere Unterstützungen in Aussicht gestellt. Seine Hilfen hat er so gestaltet, dass sie nicht nur von berechtigten Firmen angefordert werden können; denn die leicht zu durchschauende Vergabepraxis hat auch die Begehrlichkeit bei Berufsverbänden und bei nicht betroffenen Unternehmen geweckt, die unberechtigt mitkassieren wollen. So hat der Staat das betriebliche Krisenmanagement bis zum Ende der Zahlungen unterlaufen.
Definition des Krisenmanagements
Da das betriebliche Krisenmanagement eine Unterform des Krisenmanagements ist, ist es in der folgenden Definition enthalten.
Ursprung des Begriffs
Der Ursprung des Begriffs Krisenmanagement wird mit der Kuba-Krise in Verbindung gebracht. Sie war die gefährlichste Auseinandersetzung der USA mit der UdSSR während der Zeit des Kalten Krieges.
Im Laufe des 13 Tage dauernden Höhepunkts der Krise drohte der amerikanische Präsident John F. Kennedy dem sowjetischen Präsidenten Nikita Chruschtschow einen Atomschlag an. Nach geheimdiplomatischen Unterredungen drehte die Flotte bei. Die Kuba-Krise war am 28.10.1962 beendet.
Der Begriff Krisenmanagement entwickelte sich im Höhepunkt der Krise und umfasste das vielschichtige Management aus Spionage, Seeblockade, Sondersitzung der UNO, militärischer und atomarer Aufrüstung, Information befreundeter Staaten und der Öffentlichkeit sowie von Diplomatie und Geheimdiplomatie.
Voraussetzungen für Krisenmanagement
Da Krisenmanagement vom normalen Management abweicht, müssen für seinen Einsatz besondere Voraussetzungen erfüllt sein.
Existenz einer Krise
Die wichtigste Voraussetzung für Krisenmanagement ist, dass eine Krise existiert; denn nur eine Krise ermöglicht dessen volle Entfaltung.
Definition einer Krise
Eine Krise ist daran zu erkennen, dass sich eine normale Situation unerwartet in eine Gefahrenlage verwandelt. Häufig nimmt sie den Charakter eines Dilemmas an. Für die Bewältigung der durch die Krise entstandenen, eintretenden oder zu befürchtenden Schäden reichen die Mittel der normalen Schadensabwehr nicht mehr aus.
Arten von Krisen
Folgende Arten von Krisen sind exemplarisch zu unterscheiden:
- ökonomische Krisen: Wirtschaftskrisen, Bankenkrisen, Energiekrisen
- Internetkrisen: Cyberangriffe
- Krankheiten: Epidemien, Pandemien
- bewaffnete Krisen: Kriege, Terrorismus
- politische Krisen: Regierungskrisen
- zwischenmenschliche Krisen: Ehekrisen
- persönliche Krisen: psychische Störungen im Ausmaß einer Krankheit.
Legaldefinition für die Europäische Union
Das Europäische Parlament hat für den Geltungsbereich der Europäischen Union den Begriff einer Krise in der Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit VSVgV im Wege einer Legaldefinition bestimmt.
§ 4 Abs. 1 lautet:
Satz 1: „Krise ist jede Situation …, in der ein Schadensereignis eingetreten ist, das deutlich über die Ausmaße von Schadensereignissen des täglichen Lebens hinausgeht und
- dabei Leben und Gesundheit zahlreicher Menschen erheblich gefährdet oder einschränkt,
- eine erhebliche Auswirkung auf Sachwerte hat oder
- lebensnotwendige Versorgungsmaßnahmen für die Bevölkerung notwendig macht.“
Satz 2: „Eine Krise liegt auch vor, wenn konkrete Umstände dafür vorliegen, dass ein solches Schadensereignis unmittelbar bevorsteht.“
Satz 3: „Bewaffnete Konflikte und Kriege sind Krisen im Sinne dieser Verordnung.“
Dauer von Krisen
Die Dauer von Krisen ist nicht auf ihren Eintritt und die Zeit danach bis zu ihrem Ende beschränkt. Schon das Drohen einer Krise ist laut der Legaldefinition in Satz 2 bereits eine Krise. Ein wirksames Krisenmanagement, das übrigens nicht an die EU-Vorschrift gebunden ist, wird sich nicht nur diese Begriffserweiterung zur Schadensbekämpfung zu eigen machen. Im Sinne eines umsichtigen Kaufmanns muss es seine Tätigkeit als Krisen vorbeugende Aufgabe begreifen, die ständig und nicht erst bei Gefahr im Verzuge wahrzunehmen ist.
Existenz einer Katastrophe
Auch die Existenz einer Katastrophe kann eine Voraussetzung für Krisenmanagement sein.
Definition einer Katastrophe
Eine Katastrophe ist ein völlig unerwartetes Ereignis, das einen Großschaden auslöst. Es ist ein Unglück, das häufig durch Naturereignisse hervorgerufen wird. Mit normalen technischen oder finanziellen Mitteln oder rechtlichen Befugnissen der öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften wie Gemeinden ist es nicht angemessen zu bekämpfen.
Man unterscheidet die Katastrohen in
- offene Katastrophen: Sie sind Großschäden mit einer unbekannten Zahl an Geschädigten.
- geschlossene Katastrophen: Sie sind Großschäden mit einer feststehenden Zahl der Geschädigten wie bei einem Flugzeugabsturz.
- krisenähnliche Katastrophen: Sie sind offene Katastrophen mit einem Krisenhintergrund wie ein auf ein Wohngebiet gezielt ausgeführter Flugzeugabsturz.
Bekämpfung von Katastrophen
Für die Bekämpfung von Katastrophen ist der dafür ausgebildete Katastrophenschutz zuständig. Er koordiniert alle zur Abwendung der Schäden notwendigen Maßnahmen. Organisiert wird er von den Bundesländern. Ist die Katastrophe krisenähnlich, tritt das öffentliche Krisenmanagement hinzu. Damit ist klar, dass die Bekämpfung von Katastrophen, von Ausnahmen wie etwa bei landwirtschaftlichen Betrieben abgesehen, keine Angelegenheit eines betrieblichen Krisenmanagements ist.
Zusammenfassung zu den Voraussetzungen
Voraussetzungen für ein Krisenmanagement sind nicht nur die Existenz einer Krise, sondern bereits auch deren Bevorstehen. Krisenmanagement kann auch bei Katastrophen erforderlich sein, allerdings nur bei deren Existenz, da sie unerwartete Ereignisse sind. Sie müssen zudem noch krisenähnlich sein. Für ein betriebliches Krisenmanagement kommen Katastrophen, von Ausnahmen abgesehen, nicht in Betracht.
Ablauf des betrieblichen Krisenmanagements
Der Ablauf des betrieblichen Krisenmanagements, der jetzt skizziert wird, kann auch zur Grundlage jedes Krisenmanagements genommen werden.
Früherkennung der Krise
Um eine Krise möglichst früh zu erkennen, muss die Betriebsführung die Veränderung einer Situation überhaupt erst wahrnehmen. Wenn sich eine Zuspitzung anbahnt, etwa Umsatzeinbrüche drohen, soll die Wahrnehmung der Veränderung in den Modus der Früherkennung der Krise wechseln.
Analyse der Krise
Alle Fakten, die auf eine Krise hindeuten, werden zusammengetragen. Dabei ist zu bedenken, dass die Krisenbewältigung alle Abteilungen des Unternehmens berühren kann und zusätzliche Managementkapazitäten erfordert. Sobald eine erste Analyse der Daten eine Krise und deren Ursachen bestätigt, beginnt das Krisenmanagement.
Bildung eines Krisenstabes
Mit der Feststellung der Krise ist ein Krisenstab zu bilden, der die Krise managen soll. Der Führer des Stabes übernimmt die Verantwortung für die Steuerung der Krisenbekämpfung des Unternehmens. Er entlastet die Geschäftsführung, die weiter das Tagesgeschäft betreibt, und koordiniert die Unternehmensleitung.
Strategie der Krisenkommunikation
Bereits zu Beginn des betrieblichen Krisenmanagements wird eine Strategie für die Kommunikation über die Krise beschlossen, zu der auch eine Sprachregelung gehört. Sie enthält kommunikative Bausteine, die je nach Verlauf abgerufen werden können. Außerdem wird bestimmt, in welcher Reihenfolge die Belegschaft, Kunden oder Lieferanten zu informieren sind. Jede dieser Gruppen erhält eine Rangfolge für den Informationsfluss während der einzelnen Maßnahmen zur Krisenbewältigung. Für die Durchführung und Steuerung der Kommunikation wird ein verantwortlicher Kommunikator bestellt.
Presseinformationen
Der Leiter der Krisenkommunikation hat die wichtige Aufgabe der Presseinformationen. Er entscheidet über deren Häufigkeit und die Art und Weise ihrer Übermittlung. Wenn er sich zu Hintergrundgesprächen mit Redakteuren entschließt, muss er die Vertraulichkeit sicherstellen. Investigativem Journalismus hat er mit Sorgfalt unter der Wahrung der Interessen seiner Firma zu begegnen.
Krisenkommunikation in den sozialen Medien
Die Kommunikation, die in den sozialen Medien immer mehr an Bedeutung zunimmt, bedarf einer wirksamen Steuerung. Die positiven Aspekte der Krisenbekämpfung sind vordringlich darzustellen. Fakenews und Desinformationen eignen sich in Krisenzeiten besonders zur Verbreitung von Panik. Ihnen gilt es vorzubeugen und zuvorzukommen. Shitstorms sind erfolgreich abzuwehren. Gelingt die Steuerung der Kommunikation nicht, ist auch ein fundiertes Krisenmanagement zum Scheitern verurteilt.
Krisenbeurteilung
Die Krisenbeurteilung, die auch eine Krisenbewertung enthält, folgt auf die Krisenanalyse. Sie beinhaltet die Einschätzung der drohenden Gefahren für die einzelnen Geschäftsbereiche des Unternehmens. Worst-Case-Szenarien sind durchzuspielen. Auch Domino-Effekte, die bei der Gefahrenabwehr auftreten können, sind in die Krisenbewertung aufzunehmen.
Krisenbewältigung
Zur Krisenbewältigung wird die Krisenbeurteilung in einen Plan umgesetzt. Daraus leitet das betriebliche Krisenmanagement die erforderlichen Maßnahmen ab.
Kurzfristiger Krisenplan
Der kurzfristige Krisenplan sichert zuerst die Liquidität des Unternehmens, weil Liquidität der Rentabilität vorgeht. Sodann werden alle Möglichkeiten ausgeschöpft, die für einen schnellen Umsatz sorgen; denn Umsatz bringt Geld, Betriebsleistung kostet Geld. An dritter Stelle steht die Anpassung der Kosten an den krisenbedingten Wandel der inneren und äußeren Verhältnisse, denen das Unternehmen ausgesetzt ist.
Weitere Gefahrenabwehr
Neben der Umsetzung des kurzfristigen Krisenplans leitet das Krisenmanagement die mittelfristigen Planungen zur weiteren Gefahrenabwehr ein. Sie werden um Langfristplanungen ergänzt, die über das Ende der Krise hinausgehen. Als Grundlage bietet sich eine durch die Krisenbewältigung vorgegebene Fortschreibung oder Neuaufstellung des Businessplans an. Zu erwägen ist auch, welchen Unternehmenszeck die Firma nach der Krise verfolgen und wie der Markt und die benötigte Organisation aussehen könnten.
Ergebnis zum Ablauf des Krisenmanagements
Das betriebliche Krisenmanagement, das eine ständige Aufgabe des Unternehmens ist, beginnt im engeren Sinne seine Gefahrenabwehr mit der Früherkennung der Krise. Ein verantwortlicher Krisenstab entwirft eine Strategie, die auch die Kommunikation über den Verlauf der Krise einschließt. Nach einer eingehenden Krisenbeurteilung und Krisenbewertung werden die erforderlichen Gegenmaßnahmen, idealerweise anhand eines Businessplans, festgelegt und umgesetzt.
Zusammenfassung zur Definition des Krisenmanagements
Das Krisenmanagement ist durch die Existenz einer Krise definiert, die es zu bewältigen gilt. Auch wenn der Begriff ursprünglich der Politik zugeschrieben wird, ist das Krisenmanagement eine vordringlich betriebliche Aufgabe. Es unterscheidet sich grundsätzlich von Katastrophenabwehr, kann aber mit ihr verbunden sein. Obwohl ein typischer Ablauf des Krisenmanagements vorgezeichnet werden kann, muss es sich der jeweiligen konkreten Krisensituation anpassen und außerdem das Ende der Krise berücksichtigen.
… wichtiger denn je
Ein betriebliches Krisenmanagement ist zwar ohnehin wichtig, wie diese Ausführungen zeigen; aber es ist wichtiger denn je, wie die Corona-Krise lehrt.
Politisches Krisenmanagement
Die Corona-Krise ist eine Pandemie, die in Deutschland ein politisches Krisenmanagement durch die Bundesregierung und die in Ordnungsangelegenheiten zuständigen Bundesländer ausgelöst hat.
Nachdem die Erhaltung der Gesundheit der Bevölkerung als oberstes Ziel des Krisenmanagements festgelegt worden war, wurden in das Wirtschaftsleben einschneidende Maßnahmen ergriffen. Die einen – wie der Lockdown – führten zu Belastungen von Betrieben, die sogar bis zu Insolvenzen reichten; die anderen – wie Kurzarbeit oder Kredite – bewirkten finanzielle Entlastungen bei den Unternehmen.
Betriebliches Krisenmanagement
Das betriebliche Krisenmanagement hat nach Ausbruch der Corona-Krise die Pandemie bedingten Abwehrmaßnahmen zu ergreifen. In erster Linie muss es die durch Infektionen in der Belegschaft entstandenen und zu erwartenden Schäden bekämpfen, die tief in das gesamte Betriebsgeschehen eingreifen.
Hinzukommen die Auswirkungen, die das politische Krisenmanagement in den Firmen verursacht hat. Sofern sie das Unternehmen belasten, muss sie das betriebliche Krisenmanagement in seiner Krisenabwehr berücksichtigen. Das gilt auch für Entlastungen wie Kurzarbeit oder finanzielle Hilfen. Sie haben aber die Tendenz, die Corona-Krise in den begünstigten oder systemrelevanten Unternehmen harmloser wirken zu lassen, als sie in Wirklichkeit ist.
Ergebnis … wichtiger denn je
Die „einschläfernde“ Wirkung der durch die Politik beschlossenen Entlastungen bewirkt eine sträfliche Unterschätzung des betrieblichen Krisenmanagements in den Firmen; denn laut Umfrage verfügen nur 20 Prozent der Unternehmen über ein betriebliches Krisenmanagement. So bedenken 80 Prozent der Firmen nur unvollkommen, welche Auswirkungen die Beendigung der staatliche Überbrückungshilfen auf die eigene Überlebensfähigkeit in und nach der Corona-Krise haben wird.
Deshalb ist das betriebliche Krisenmanagement wichtiger denn je.
Call-to-Action
Zur weiteren Lektüre wird auf die Blog-Beiträge
- “Plädoyer für eine seriöse Personalberatung“
- „Vertrauensarbeitszeit ohne Vertrauen“
- „Verlustaversion des Bewerbers“
- „Unfairer Wettkampf um Bewerber als Firmenstrategie“
- „Kündigungsverhalten als Eigenwerbung für Arbeitgeber“
sowie den Beraterbrief „Demotivation durch Kompetenzmangel“, Januar 2004 auf www.kettembeil.de verwiesen.
Fazit
Betriebliches Krisenmanagement ist wichtiger denn je, wie eine Umfrage bei Unternehmen während der Corona-Krise deutlich macht. Danach verfügen nur zwei von zehn Firmen über ein betriebliches Krisenmanagement. 80 Prozent der Teilnehmer an der Befragung machen sich offenbar keine Gedanken über den Verlauf und das Ende der Krise. Diese Sorglosigkeit ist sträflich, weil sie weder die Veränderungen berücksichtig, denen die Unternehmen krisenbedingt unterworfen sind, noch ein Szenario fördert, das über die wirtschaftliche Verfassung am Ende der Krise Auskunft gibt.
Diese Sorglosigkeit wird durch die staatlichen Überbrückungshilfen wie Kurzarbeit und Kredite an Unternehmen unterstützt, die mit Fortschreiten der Krise sogar verlängert werden; denn der Staat, der das politische Krisenmanagement während der Pandemie übernommen hat, ist stets bemüht, von seinen Entscheidungen verursachte Schäden durch finanzielle Unterstützung der Betroffenen auszugleichen. Aber ein Verlass auf diese Unterstützung ist fahrlässig, weil sie jederzeit versiegen kann. Wenn es bei einem unverhofften Ende staatlicher Hilfen an einem schlagkräftigen betrieblichen Krisenmanagement mangelt, ist die Firma der Krise ausgeliefert. Ein Blick auf die Eigenarten von Krisen und deren erfolgreiche Gefahrenabwehr beweist die Notwendigkeit eines betrieblichen Krisenmanagements.
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