Offene Jobangebote sind immer häufiger nicht das, was sie zu sein vorgeben, nämlich offen. Sie sind nur nicht geschlossen worden. Sie sind auch nicht vergessen worden. Die Angebote scheinen offen, nur die Jobs sind geschlossen oder existieren überhaupt nicht. Sie sollen gutgläubige Bewerber anlocken, die glauben, sich auf echte Stellen zu bewerben. Ihr Ziel ist das hinterhältige Sammeln von Bewerberdaten zu undurchsichtigen Zwecken unter Umgehung des Datenschutzes.
Offene Jobangebote entlarven
Das Vortäuschen von existenten Stellen ist Betrug (§ 263 StGB). Im Internet angeboten, erschleichen sich diese offenen Stellen die erforderliche „Einwilligung der betroffenen Person zu der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten“ Art. 6 Ziff. 1a DSGVO). Deshalb ist es notwendig, diesen fragwürdigen Lockmitteln im Recruiting auf den Grund zu gehen.
Lockangebote, die offene Jobs vortäuschen, lassen sich nur schwer enttarnen. Bevor eine Bewerbung abgeschickt wird, ist eine Enttarnung schier unmöglich. Wenn sich im Laufe des Bewerbungsverfahrens die Unredlichkeit herausstellt, kann der Kandidat die weiteren Gespräche abbrechen, mit strafrechtlichen Konsequenzen drohen, Schadensersatz fordern und den Schutz seiner persönlichen Daten geltend machen.
Rechtslage bei Lockmitteln
Stellt sich dagegen das offene Jobangebot erst im Nachhinein als unlauteres Lockmittel des Recruiters heraus, bleiben zwar die Rechte des getäuschten Bewerbers bestehen; aber ihre Wirksamkeit nimmt mit der Länge des Zeitraums ab, der zwischen der Tat und ihrer Entdeckung verstreicht.
Für Sanktionen und zivilrechtliche Ansprüche ist der Zeitablauf dann nicht relevant, wenn die Beweise gesichert sind. Beim Datenschutz ist die Lage anders; die Rechtslage ist unbeeinträchtigt. Aber was hilft dem Bewerber das schönste Verbot der Nutzung seiner persönlichen Daten, wenn sie bereits unkontrolliert die Runde gemacht haben?
Lockmittel im Recruiting
Die Lage eines Bewerbers, der auf ein Lockmittel hereingefallen ist, ist auf jeden Fall unbefriedigend. Ein Recruiter, der es mit dem Angebot eines offenen Jobs ernst meint – und das ist der Normalfall – kann über das Lockmittel „pseudo-offene Stelle“ nicht erfreut sein. Zwar wird deren Enttarnung schwierig bleiben, doch können die folgenden Fallgestaltungen dazu beitragen, die Bewerber rechtzeitig zu sensibilisieren.
1. Fallgestaltung: Ausschreibung – nicht genehmigt
Vor der „Fallgestaltung Ausschreibung – nicht genehmigt“ hatte ein Bewerber mehrere verschiedenartige Bewerbungsverfahren durchlaufen müssen. Ihnen gemeinsam ist die Auskunft, die er auf Jobs mit Facharbeitermangel jeweils zu Beginn des ersten Vorstellungsgespräches erhielt: „Wir suchen schon lange; aber leider ist die Stelle noch immer nicht besetzt.“
Der typische Ablauf der Bewerbungen
Alle Fälle zogen sich jeweils über einen längeren Zeitraum hin und erforderten fünf Gesprächsrunden. In einigen wurde der Bewerber nach einem Bewerbungsmarathon mit der Begründung abgelehnt, er sei überqualifiziert. Diese Einsicht hätte die Arbeitgeberseite bereits anhand der Papierform, also der eingereichten Bewerbungsunterlagen, spätestens während des ersten Gesprächs gewinnen können.
Die Absage an den Bewerber wurde von anderen Unternehmen damit begründet, die angebotene Aufgabe sei für den Kandidaten zu klein. Sie nahm nur einen Perspektivwechsel vor. Die Aufgabe war zu klein, nicht etwa der Bewerber zu groß. Den Einstellenden hätte es möglich sein müssen, nicht nur die Differenz zwischen Jobangebot und Bewerberpotenzial frühzeitig zu erkennen, sondern auch im Laufe der fünf Termine dem Bewerber ein „vergrößertes“ Angebot vorzulegen.
Die untypische Fallgestaltung
Im ersten Termin der Fallgestaltung traf der Bewerber auf die Personalleiterin und den Leiter der einstellenden Abteilung, im zweiten kamen je eine Mitarbeiterin aus der Personalabteilung und der Unit hinzu; im dritten wurde die Mitarbeiterin gegen einen Mitarbeiter ausgetauscht. Das vierte und das fünfte Gespräch liefen in großer Runde ab.
Die Gesprächsrunden
Inhaltlich war im ersten Treffen alles Wesentliche gesagt worden. Die Aufgabe war ausführlich beschrieben, das Bewerberprofil intensiv analysiert worden.
Das Stellenprofil
Sie hatten zudem die Aufgabe, das Stellenprofil so zu gestalten, dass es die Bedürfnisse der Fachabteilung und die Interessen des Fachbewerbers abdecken werde; denn es ging um die Einstellung eines Bewerbers aus der Liga „Facharbeitermangel“.
Die Bestandsaufnahme
Das fünfte und letzte Treffen diente der Bestandsaufnahme der bisherigen Gespräche. Nachdem die Mitarbeiter den Raum verlassen hatten, vereinbarten beide Seiten das neue Stellenprofil als Anstellungsgrundlage und handelten die Konditionen aus. Dem Bewerber sollte ein Vertragsentwurf zugehen, der nach Abklärung von Missverständnissen bei einem sechsten Termin unterschrieben werden sollte.
Der nicht genehmigte Vertrag
Statt einen Vertragsentwurf zuzusenden, sagte die Firma telefonisch mit der Begründung ab, sie könne die mündlich ausgehandelten Konditionen nicht in einem schriftlichen Vertrag zur Unterschrift vorlegen; die Position sei von der Muttergesellschaft nicht genehmigt worden.
Die Beurteilung
Alle Absagen, auch die nach typischen Bewerbungsverfahren erteilten, deuten auf ein Lockangebot hin, mit dem sich die Firmen bevorraten oder Know-how erschleichen wollten; schließlich handelte es sich bei dem Bewerber um jemandem aus einem Mangelberuf. Das schlechteste Zeugnis für ein unseriöses Lockangebot stellt sich die Tochtergesellschaft mit der Begründung aus, die Stelle sein von der Muttergesellschaft nicht genehmigt worden.
Sie hat unerlaubt eine Position über fünf Termine verhandelt. Über das Motiv kann nur spekuliert werden. Wenn die Begründung der Wahrheit entspricht, hat die Tochtergesellschaft den ganzen Konzern als Arbeitgeber diskreditiert; denn es herrscht dort keine Disziplin. Andernfalls ist der Konzern insgesamt unglaubwürdig.
2. Fallgestaltung: Die „Bachelorette“
Das Jobcenter hatte das Stellenangebot eines Leiters Marketing und Corporate Publishing einem bei ihm als Arbeit suchend gemeldeten Verlagsleiter zugesandt. Der Verlagsleiter traf mit dem suchenden Unternehmen eine Terminabsprache und machte sich bei sommerlichen Temperaturen zu deren 200 Kilometer entfernt liegenden Firmensitz auf den Weg.
Das Vorstellungsgespräch
Zum Vorstellungsgespräch empfangen wurde der Bewerber von einer „Bachelorette“, einer Mitarbeiterin der Personalabteilung, die gerade ihren Bachelor abgelegt hatte und erst seit drei Wochen im Verlag beschäftigt war. Außer ihr nahm der Chefredakteur der Anzeigenblätter an dem Termin teil. Der Geschäftsführer, der für die Einstellung zuständig war, ließ sich entschuldigen und über das Ergebnis der Zusammenkunft von der „Bachelorette“ berichten.
Die „Bachelorette “
Bei dem Treffen schwärmte der Chefredakteur von der Qualität seiner Redaktion, während die „Bachelorette“ stumm blieb. Das Thema, nämlich die Einstellung eines Leiters Marketing und Corporate Publishing wurde nur gestreift. Die „Bachelorette“ konnte inhaltlich mit dem angebotenen Job nichts anfangen.
Der Chefredakteur
Der Chefredakteur wusste zum Marketing nichts zu sage. Die redaktionelle Leistung, die er anpries, sollte eigentlich der Bewerber mit der Übernahme der Aufgabe an Fremdfirmen verkaufen. Das Wie und Wo gingen im Gespräch unter, obwohl beide dringend hätten besprochen werden müssen.
Die Unstimmigkeit
Zur Beurteilung des Bewerberprofils waren weder die „Bachelorette“ noch der Chefredakteur in der Lage. Diese Aufgabe hätte der nicht anwesende Geschäftsführer erfüllen müssen, stand er doch selbst unter erheblichem Ergebnisdruck.
Die Not des Geschäftsführers
Diesen Druck hatte er ohne Not initiiert, als er bei seinem eigenen Vorstellungsgespräch vor drei Monaten seinen Gesellschaftern Umsatzversprechen abgegeben hatte, die er nicht einhalten konnte. Er benötigte im eigenen Interesse zur Sicherung seiner Position einen verkäuferisch veranlagten Leiter Marketing und Corporate Publishing, der ihn aus seiner Klemme befreite. Deshalb war seine Abwesenheit unverständlich.
Die Absage
Nach 40 Minuten war der Termin beendet. Die „Bachelorette“ erstattete dem Geschäftsführer Bericht über den Verlauf des Treffens. Einige Tage später sagte sie dem Bewerber mit der Begründung ab, im Verlag bestehe Einstellungsstopp.
Die Beurteilung
Die Übermittlung eines offenen Jobangebotes, das einem Einstellungsstopp unterlag, an das Jobcenter ist das Besondere an dieser Fallgestaltung. Die Frage, wem das Lockmittel galt, ist schwer zu beantworten.
- War beabsichtigt, das Jobcenter, das Arbeitsuchenden eigentlich helfen soll, in eine Falle zu locken?
- Wollte der Verlag wissen, wer außerhalb seines Firmensitzes für die Leitung Marketing und Corporate Publishing in Frage kam?
- Hatte er vor, sich mit der Bewerbung zu bevorraten?
- Fand das Bewerbungsgespräch mit der „Bachelorette“ und dem Chefredakteur in Abwesenheit des Geschäftsführers nur deshalb statt, damit der Verlag sein Lockinteresse gegenüber dem Jobcenter nicht verriet?
Dafür spricht die Inkompetenz auf der Arbeitgeberseite beim Einstellungsgespräch. Fragen über Fragen, aber ein Grund mehr, sich um offene Jobangebote als Lockmittel zu sorgen.
3. Fallgestaltung: Unternehmer im Unternehmen
„Unternehmer im Unternehmen gesucht, spätere Beteiligung nicht ausgeschlossen“, lautet der Text einer Stellenanzeige, die eine Personalberatung für einen kleinen Verlag geschaltet hatte. Die Beratungsgesellschaft hatte dort bereits einen Geschäftsführer für die Organisation untergebracht, der sich eine Beteiligung am Verlag oder gar dessen Übernahme überhaupt nicht leisten konnte.
Das Unternehmen
Das Unternehmen, seit 20 Jahren am Markt, hatte in guten Zeiten bei einem Umsatz von 10 Mio. Euro eine Rendite von 10 Prozent erwirtschaftet. Vor drei Jahren war die Null-Linie erreicht worden. Seitdem waren Verluste von insgesamt 500.000 Euro aufgelaufen.
Durch verspätete Honorarzahlungen an seine Autoren hatte der Verlag seinen Ruf stark beschädigt. Die Vermarktung einzelner Titelreihen war ins Stocken geraten. Die Digitalisierung der Geschäftsabläufe war unterblieben. Der Verleger, zwar hoch intelligent, hatte sich zum Hemmschuh für den Fortschritt entwickelt.
Zwei offene Jobangebote in einem
Das Jobangebot des Beratungsunternehmens war offen, sofern ein Geschäftsführer ohne Beteiligungsambitionen gefunden wurde. Allerdings ist ein Geschäftsführer Organ einer Gesellschaft, so dass er für das Geschäftsergebnis verantwortlich ist. Das Jobangebot war also nur dann offen, wenn die Ertragslage jedem Bewerber nicht verschwiegen wurde.
Die Möglichkeit der Beteiligung war bereits ein Lockmittel; denn die Norm ist ein Unternehmen in schwarzen Zahlen, wenn es zum Verkauf steht. Die Ertragslage des Verlages war aber ins Rutschen geraten. Der Verleger galt als schwierig. Die angebotene Beteiligung erfüllte also nicht die übliche Erwartung der Bewerber.
Die Kombination
Die Kombination von Jobangebot und Beteiligungsmöglichkeit, die Vermischung von HR und M&A, führt in dieser Fallgestaltung zum Lockangebot im Recruiting. Dem ersten Anschein nach wird die offene Stelle eines Geschäftsführers angeboten, die durch die Möglichkeit der Beteiligung erst richtig interessant erscheint.
Doch die Qualität der Beteiligung, die als Lockmittel dient, kann durch die Bewerber nicht beurteilt werden. Die Bewerber vertrauen bei einer von einer Personalberatung aufgegeben Stellenanzeige auf die Korrektheit des Angebots und unterstellen die Werthaltigkeit der Beteiligung.
Die Beurteilung
In dieser Fallgestaltung war das Angebot nur für jene Bewerber offen, die sich die Geschäftsführung in einem verlustreichen Unternehmen und dessen Turnaround zutrauen. Sie müssen zudem eine Beteiligung an einer Insolenz gefährdeten Firma eingehen wollen.
Die Personalberatung hatte diese eingeschränkte Offenheit des Jobs verschleiert – ein weiterer Grund mehr, Vorsicht bei offenen Jobangeboten walten zu lassen, auch wenn sie von Personalberatungen gemacht werden.
4. Verschiedene Verhaltensweisen
Hier werden verschiedene Verhaltensweisen aufgelistet, die sich bei Unternehmen und Personalberatungen eingenistet haben.
Anzeigen stehen lassen
Wenn die Stellen besetzt sind, lassen viele Unternehmen ihre Stellenanzeigen im Internet einfach stehen. Dadurch wird der Eindruck erweckt, dass die Jobs noch offen sind. Begünstigt wird dieses Verhalten von Google; denn lange stehende Websites genießen bei Google mehr Vertrauen. Dieses Vertrauen entsteht auch bei länger stehenden Jobangeboten, die wiederum ihr durch Zeit erworbenes Vertrauen an die anbietenden Unternehmen weitergeben.
Offene Jobangebote bei Google
Durch die Google-Technik wird ein Vertrauen gefördert, das bei zu Unrecht als offen deklarierten Jobangeboten zur Täuschung wird. Im Netz kann ein Bewerber also grundsätzlich nicht unterscheiden, ob das offene Jobangebot ernst gemeint oder ein Lockmittel im Recruiting ist. Deshalb muss ein Bewerber auf jeden Fall vor Abgabe seiner Bewerbung nachfragen, damit er nicht getäuscht wird.
Anzeigen bevorraten
Der Wettbewerb der Headhunter untereinander ist in den USA fast mörderisch. Um an Aufträge zu kommen, müssen sie bei einem neuen Auftrag schnell Personal anbieten kommen. Deshalb schalten viele Headhunter Stellenwerbung, die nicht durch offene Jobangebote gedeckt ist. Sie sammeln also Bewerber auf Vorrat, damit sie im Falle eines Auftrags lieferfähig sind.
Ungefragte Personalberater
Eine steigende Zahl von Personalberatern legt Firmen die Bewerbungsunterlagen unaufgefordert vor, um ungefragt in ein laufendes Suchverfahren einzusteigen. Mit diesem Schachzug will sie die eigenen Bewerbungen platzieren und den Auftragnehmer des Suchauftrages ausstechen. Diese Vorgehensweise kommt zunehmend auch in Deutschland vor; denn die schwarzen Schafe werden nicht weniger.
Angelockte Bewerber
Bewerber, die in den USA oder Deutschland durch offene Jobangebote angelockt worden sind, müssen auf jeden Fall dafür sorgen, dass ihre Unterlagen nicht in falsche Hände geraten. Der Fall kann eintreten, wenn diese Dienstleiser ihre Unterlagen den Unternehmen unautorisiert vorlegen.
Inverse Headhunter
Einen Sonderfall bilden die inversen Headhunter, die in Deutschland ihre Dienste als Personalberater anbieten. Sie schlagen Interessenten oder Bewerbern vor, die in ihren Projekten nicht zum Zuge gekommen sind, für sie nach offenen Jobangeboten zu suchen. Diese Art der Personalvermittlung ist ein rechtlich grenzwertiges Gebiet. Es soll hier nicht weiterverfolgt werden.
Zusammenfassung
Offene Jobangebote können auch Lockmittel im Recruiting sein. Deshalb sollten Bewerber grundsätzlich prüfen, ob die Stellenangebote echt oder Lockmittel sind, auch wenn sie von Personalberatungen aufgegeben worden sind.
Call-to-action
Zur weiteren Lektüre wird auf die Blog-Beiträge
- „Das neue Recruiting“
- „Plädoyer für eine seriöse Personalberatung“
- „Schwarze Schafe unter den Beratern“
- „Unfairer Wettkampf um Bewerber als Firmenstrategie“
sowie auf den Beraterbrief September 2018 „Inverse Headhunter – Provisionshyänen oder Nothelfer“ auf www.kettembeil.de verwiesen.
Fazit
In der Vergangenheit hat sich die Zahl der Fälle erhöht, bei der die offenen Jobangebote nicht offen waren. Diese Situation ist für Bewerber nicht nur ärgerlich; sondern sie laufen Gefahr, betrogen zu werden. Zudem besteht das Risiko, dass ihre personenbezogenen Daten ohne ihre Zustimmung verarbeitet und unzulässig genutzt werden. Natürlich ist es schwierig, diese Missbräuche aufzudecken oder gar zu beweisen.
Allerdings reicht allein die Thematisierung dieser neuen Fehlentwicklung nicht aus, die Bewerber für die Vermehrung von Lockmitteln im Recruiting zu sensibilisieren. Aber dieser Blog macht die Bewerber nicht nur nach dem Motto „Gefahr erkannt – Gefahr gebannt“ auf diese Fehlentwicklung aufmerksam, sondern gibt ihnen drei Beispiele von Fallgestaltungen an die Hand. So zeigt er drei verschiedene Verhaltensweisen auf, die auf fragwürdige offene Jobangebote hindeuten.
1 Comment
Medien-Manager · 13. März 2020 at 23:24
Sehr geehrter Herr Dr. Kettembeil,
wenn ein Außenstehender Ihren Blog liest, glaubt er, so etwas gibt es nicht. Als Kandidat kann ich bestätigen, derartiges existiert „leider“ real. Das sind keine Fake-News!
Fake-Ausschreibungen + Datensammler:
Insbesondere auf einigen Social-Media-Plattformen tummeln sich reine Datensammler. Mein Tipp: Geben Sie ihre höchstpersönlichen Daten nicht irgendjemanden und lesen Sie sich, falls überhaupt vorhanden, Datenschutzerklärungen genau durch. Die DSGVO ist noch lange nicht in den Köpfen etlicher Berater und HRler angekommen. Kommt man bei Datenschutzverstößen nicht weiter, ist es keine Schande, sich bei der zuständigen Datenschutzbehörde zu beschweren.
Schlecht vorbereitete Recruitingprozesse und Vorstellungsgespräche:
Wer glaubt, dass in Zeiten des Fachkräftemangels ein anständiger Umgang mit Kandidaten gelebt wird, der irrt. Ausbleibende Eingangsbestätigungen von Bewerbungen, unklare Kommunikation, ewig laufende Bewerbungsverfahren, schlecht vorbereitete Gespräche usw. sind leider keine Ausnahme.
Man bewirbt sich als Angestellter und bekommt ein Angebot als „Berater“:
Dieser Klassiker fehlt noch in Ihrer Aufzählung: Man bewirbt sich konkret um ein sozialversicherungspflichtiges Anstellungsverhältnis und bekommt dann ein Angebot als freiberuflicher Berater.
Ich kann nur empfehlen, derartige Offerten genau und im Zweifel anwaltlich prüfen zu lassen. Wird man beispielsweise als „echter Scheinselbständiger“ tätig, kann das für einen persönlich richtig teuer werden. Beim Thema Vergütung sollte man ebenfalls genau hinzuschauen. Aus meinem persönlichen Umfeld kenne ich einen Fall, wo ein Unternehmen versuchte, aus einer klassischen Handelsvertretertätigkeit gem. §§ 84–89 HGB einen sog. Berater zu basteln. Rechtlich chancenlos, aber getreu dem Motto: der Versuch ist ja nicht strafbar, man kann es ja mal versuchen – startet man selbst derartige Experimente. Meine Empfehlung: Wenn man versucht zu tricksen, investieren Sie nicht unnötig Zeit. Sie kommen in aller Regel zu keinem – für beide Seiten – fairen Ergebnis.
Bei allem Negativen sollte Folgendes nicht untergehen: Es gibt zahllose hochprofessionelle Personalabteilungen mit strukturierten Prozessen, definierten Workflows und somit insgesamt professionellen Bewerbungsverfahren. Es gibt natürlich auch viele hochseröse und absolut professionelle Headhunter. Die Dilettanten und schwarzen Schafe machen Recruiting zunehmend schwerer und schaden letztlich allen.
Liebe Unternehmer, liebe Geschäftsführer, liebe HR-Leiter:
Gute Headhunter kosten Geld. Gerade im Discount-Bereich der Berater-Szene tummeln sich einige dunkelschwarze Schafe. Letztlich fällt, was diese Damen und Herrn treiben, auf Ihr Unternehmen zurück. Hier gilt: „Sage mir, mit wem du umgehst, so sage ich dir, wer du bist!“ (Johann Wolfgang von Goethe)