Der Leistungsgedanke und seine Rückkehr bedürfen der Analyse, wenn Leistungen rückläufig sind. Seine Rückkehr kommt auch dann noch infrage, wenn Leistungen völlig verschwunden sind. Allerding sind nur solche Leistungen zurückzuholen, die schließenswerte Lücken hinterlassen haben. Der Leistungsgedanke entscheidet über die Reanimation sinnvoller Leistungen. Er kann auch selbst verloren gehen. In diesem Fall fehlt er als Maßstab für die Qualität gegenwärtiger und künftiger Leistungen. Die Leistungsverluste und deren negative Folgen können nicht rechtzeitig erkannt werden. Zur Wiederherstellung oder zur Garantie qualitativ hochwertiger Leistungen sind der Leistungsgedanke und seine Rückkehr im Arbeitsleben, aber auch im gesamten gesellschaftlichen Leben wichtig. Die beiden Fähigkeiten Empathie und Neuroplastizität sind zur Rückkehr vom Leistungsgedanken zu bemühen.
Leistungsgedanke
Der Leistungsgedanke ist anhand der Entwicklung der Leistung, seiner Beziehung zur Leistung und seinem Verlust darzustellen; denn nur dann wird die Notwendigkeit seiner Rückkehr deutlich.
Entwicklung der Leistung
Die Entwicklung der Leistung wird in verkürzter Form beschrieben. Die ausführliche Darstellung ist im vorherigen Blog-Beitrag „Der Leistungsgedanke und seine Beziehung zur Leistung (1)“ zu finden.
Wirtschaftliche Leistung
Die Wirtschaftsleistung in Deutschland ergibt für 2023 folgendes Bild.
Geschäftsklimaindex
Der Geschäftsklimaindex war in allen Positionen negativ. Die Erwartungen blieben trotz Abwärtstrend verhalten. Das Bundeswirtschaftsministerium hat am 14.02.24 seine Prognose zum Wachstum des BIP für 2024 von 1,3 auf 0,2 Prozent gesenkt. Im internationalen Vergleich liegt das deutsche BIP 2023 zwar auf dem 3. Platz; aber dieser Platz verschleiert die wirklichen Größenverhältnisse. Das BIP der USA auf Platz 1 ist über sechsmal so groß wie das deutsche BIP.
Export-Weltmeisterschaft
Die Export-Weltmeisterschaft 2023 weist zwar einen dritten Platz, aber mit erheblichem Abstand zum 2. Platz aus. Die Exportleistung Chinas, des aktuellen Export-Weltmeisters, ist doppelt so groß wie die deutsche Exportleistung. Beide Abstände bestätigen den deutschen Trend zur abnehmenden Leistung. Vergessen ist, dass Deutschland einst selbst Export-Weltmeister war und lange den zweiten Platz belegt hat.
Produktionsfaktor Arbeit
Der Produktionsfaktor Arbeit hat zwar im öffentlichen Bereich, insbesondere im „Wasserkopf“ zugenommen; er ist aber im produzierenden Gewerbe rückläufig. Das gilt auch für die selbstständige Arbeit. Zu bedenken ist auch, dass die Arbeit im öffentlichen Dienst steuerfinanziert ist, die produktiven Gewerke die dazu erforderlichen Steuern bezahlen.
Gesellschaftliche Leistung
Die gesellschaftliche Leistung spiegelt sich im Sport und in der Pädagogik wider.
Sport
Im Sport, besonders in den sportlichen Disziplinen Fußball und Leichtathletik, nehmen die Leistungen seit Jahren ab. Das Jahr 2023 markiert den absoluten Tiefpunkt. Beide Nationalteams der Fußballnationalmannschaft schieden bei den Weltmeisterschaften bereits in der Vorrunde aus. In der Leichtathletik-Weltmeisterschaft blieb Deutschland erstmals ohne Medaille. Dieses Ergebnis war nach einer Lektüre der Medaillen-Spiegel der vergangenen Jahrzehnte keine Überraschung.
Pädagogik
Bei der Pädagogik verzichtet Deutschland auf Leistungen. In der PISA-Studie 2022 haben die deutschen Schüler nicht nur leistungsmäßig, sondern auch sozioökonomisch ihr schlechtestes Ergebnis abgeliefert. Leistungszeugnisse gibt es in den Schulen für die unteren Klassen nicht mehr. Der Kinderfußball hat die Tabelle ab der Saison 2024 abgeschafft. Die kritischen Stimmen von Pädagogen und Sportfunktionären sind unüberhörbar, bleiben aber ungehört.
Beziehung von Leistungsgedanke zur Leistung
Die Beziehung vom Leistungsgedanken zur Leistung ist eng. Sie ist jedoch nicht durch einen gleichen Verlauf geprägt. Der Leistungsgedanke ist eine Voraussetzung für die Leistung. Er spornt zu positiven Leistungen an. Außerdem ist er Maßstab für den Sinn der Leistung. Er erkennt sinnlose Leistungen rechtzeitig und hilft, Leistungsverluste zu verhindern. Der Leistungsgedanke kann den negativen Trend von Leistungen umkehren. Er hat also in der Beziehung zur Leistung eine wichtige Steuerungsfunktion.
Verlust vom Leistungsgedanken
Der Verlust vom Leistungsgedanken ist ein nicht von der Hand zu weisendes Resultat der negativen Entwicklung der Leistung. Allerdings wird er unterschiedlich zur Kenntnis genommen.
Im Wirtschaftsleben
Im Wirtschaftsleben wird der Verlust vom Leistungsgedanken demonstrativ verschwiegen. Stattdessen wird er unausgesprochen unterstellt, wenn die wirtschaftlichen Leistungen betont werden. Zu den Betonungen gehören die Herausstellung Deutschlands als drittgrößter Wirtschaftsnation oder der Hinweis auf seinen dritten Platz bei der Exportweltmeisterschaft Dabei ist in beiden Fällen der Abstand zu den vorderen Plätzen erheblich gewachsen. Der Verlust vom Leistungsgedanken im Wirtschaftsleben ist unübersehbar, wenn auch nicht von seinem vollständigen Verschwinden zu sprechen ist.
Im Gesellschaftsleben
Im Gesellschaftsleben sind der Sport und die Pädagogik zu betonen; denn dort wird der Leistungsgedanke öffentlich diskutiert.
Sport
Im Sport ist der Verlust vom Leistungsgedanken unüberhörbar. Er wird von Sportlern, Managern oder der Sportpresse regelmäßig angeprangert.
Anlässe sind die Ergebnisse der Fußballnationalmannschaften bei internationalen Vergleichen. Kein Kommentar verzichtet auf den Hinweis, dass es beim Spiel am Einsatz gefehlt habe. Die Spieler seien unter ihren Möglichkeiten geblieben, obwohl sie das Potenzial zum Sieg gehabt hätten. Ein Verlust am Leistungsgedanken ist nicht zu leugnen.
Dasselbe gilt für die Leichtathletik, wenn auch in verhaltener Form. Es überwiegt noch das Staunen über den Verlust sämtlicher Medaillen. Dabei ist dieser Rückgang in den Medaillenspiegeln seit Jahren deutlich erkennbar. Er ist mit dem Schwinden vom Leistungsgedanken zu erklären.
Pädagogik
In der Pädagogik wird dem Verlust vom Leistungsgedanken geradezu Vorschub geleistet. Zeugnisse ohne Leistungsbeurteilung in der Schule oder sportliche Wettbewerbe im Kinderfußball ohne Tabelle sind eindeutige Belege. Doch die Verantwortlichen wollen sie nicht zur Kenntnis nehmen.
Ergebnis zum Verlust vom Leistungsgedanken
Der Verlust vom Leistungsgedanken ist in Wirtschaftsleben, Sport und Pädagogik nicht von der Hand zu weisen. Er wird aber unterschiedlich kommuniziert. Das Wirtschaftsleben vermeidet seine Erwähnung, indem es lieber den 3. Platz unter den Wirtschaftsnationen hervorhebt. Im Sport wird der Verlust vom Leistungsgedanken zwar kommentiert, aber die Sportfunktionäre verhalten sich eher kontraproduktiv. In der Pädagogik erhalten die Kritiker massiven Gegenwind.
Zusammenfassung zum Leistungsgedanken
Der Leistungsgedanke ist auch über die Leistung zu definieren. Sie hat in Deutschland stetig abgenommen. Im Wirtschaftsleben ist der 3. Platz unter den internationalen BIP neu, aber die Abstände haben zugenommen. Bei der Exportweltmeisterschaft ist Deutschland vom ersten auf den dritten Platz abgerutscht. Auch die Abstände sind größer geworden.
Im Sport ist die Leistung beim Fußball und in der Leichtathletik erheblich zurückgegangen. Dieser Rückgang wird deutlich angeprangert.
In der Pädagogik dokumentiert die PISA-Studie 2022 den deutschen Verlust an der schulischen Leistung.
Der Leistungsgedanke steht in einer engen Beziehung zur Leistung. Leistungsgedanke und Leistung verlaufen nicht unbedingt gleich. Aber der Leistungsgedanke ist der Motor der Leistung. Er kann daher einen Negativ-Trend stoppen und umkehren.
Der Verlust vom Leistungsgedanken wird an de Rückgängen der Leistungen in den Bereichen Wirtschaftsleben und Gesellschaftsleben sichtbar. Er wird nur nicht überall entsprechend kommuniziert.
Rückkehr zum Leistungsgedanken
Die Rückkehr zum Leistungsgedanken ergibt sich einerseits aus den geschilderten Leistungsdefiziten in Wirtschaft und Sport; andererseits zeigen die Beispiele aus dem Bildungssektor, dass der Leistungsgedanke pädagogisch nicht gefördert wird. Die Folgen sind schwindende Leistungen und Verluste. Diese Trends sind nur aufzuhalten oder umzudrehen, wenn der Leistungsgedanke zurückkehrt. Die notwendige Rückkehr zum Leistungsgedanken ist durch den Einsatz folgender Fähigkeiten möglich.
Einsatz von Empathie
Der Einsatz von Empathie aktiviert eine Fähigkeit, die dem Empathen die Rückkehr zum Leistungsgedanken eröffnet.
Definition der Empathie
Empathie ist die Fähigkeit und Bereitschaft, die Gedanken, Empfindungen, Gefühle, Motive anderer Menschen zu verstehen, zu erkennen und nachzuempfinden. Dazu gehört auch das Vermögen, deren Verhalten vorhersagen und sich darauf einstellen zu können. Die Grundlage bildet die Selbstwahrnehmung.
Empathie im Arbeitsleben
Die Empathie im Arbeitsleben richtet sich an alle beteiligten Personen in allen Hierarchien. Bei den Führungskräften hat sie das Fachwissen als wichtigstes Stellenmerkmal abgelöst.
Die Empathie wird im Arbeitsleben schädlich, sobald ihre Gefühlsorientierung übertrieben wird. Gefühlsbetonte Führungskräfte sorgen zwar für einen Wohlfühleffekt bei den Untergebenen am Arbeitsplatz. Aber er wirkt sich nicht auf die Leistung aus. Wenn die Empathie nicht auf die Leistung durchschlägt, ist sie auch für die Rückkehr zum Leistungsgedanken unbrauchbar.
Ergebnis zu „Einsatz von Empathie“
Im Ergebnis zum Einsatz von Empathie ist festzuhalten, dass die übertrieben gefühlsorientierte Empathie nicht für die Rückkehr zum Leistungsgedanken einzusetzen ist.
Einsatz von Neuroplastizität
Der Einsatz von Neuroplastizität eröffnet neurobiologisch Möglichkeiten zur Rückkehr zum Leistungsgedanken.
Definition der Neuroplastizität
Die Definition der Neuroplastizität beschreibt die Fähigkeit des Gehirns, seine Anatomie und Funktionen zu verändern.
Das Ziel der Veränderung ist eine optimale Reaktion oder Anpassung an neue äußerliche Einflüsse oder Anforderungen. Die erforderlichen Prozesse verändern nutzungsabhängig Neuronen, Synapsen, sogar ganze Hirnareale. Das Gehirn kann auch selbst für Veränderungen sorgen. Die Formbarkeit des Gehirns dauert lebenslang. Allerdings kann das Gehirn neben flexiblen auch starre Formen entstehen lassen. Diese Fähigkeit heißt plastisches Paradoxon.
Weg der Neuroplastizität bis zur Anerkennung
Der Weg der Neuroplastizität bis zur Anerkennung in der Gegenwart ist durch Umwege gekennzeichnet.
Neuroplastizität im Schatten der Lokalisationstheorie
Die Neuroplastizität im Schatten der Lokalisationstheorie ist eine Entwicklung, die bis in die Gegenwart gedauert hat.
Die Lokalisationstheorie spricht von unveränderlichen, abgegrenzten Arealen des Gehirns. Sie geht auch auf Hippokrates (460 v.Chr. – 370 v.Chr.), einen griechischen Arzt zurück, der das Gehirn als Organ des Denkens entdeckt hat.
Der französische Philosoph René Descartes (1596 – 1650) formulierte seine philosophische Wahrheit: „Je pense, donc je suis.“ (Ich denke, also bin ich), Discour de la Methode, 4. Partie). Dieser Satz ist aber auch neurologisch von Bedeutung: „Er besagt nämlich, daß Denken und das Bewußtsein vom Denken die eigentlichen Substrate des Seins sind.“ (Antonio R. Damasio, Descartes´ Irrtum, S.329). Er dokumentiert die Lokalisationstheorie.
Die Beschreibung des Sprachzentrums im Gehirn, das Broca-Areal, 1861 durch den französischen Arzt Pierre Paul Broca (1824 – 1880), festigte die Stellung der Lokalisationstheorie.
Enttäuscht von Brocas Feststellung veröffentlichte der Psychoanalytiker Sigmund Freud (1856 – 1939) ein neurowissenschaftliches Modell als Gegenentwurf („Entwurf einer Psychologie“, 1895). Darin vereinigte er Geist und Gehirn zur Grundlage der Neuroplastizität. Im Jahre 1937 verwandte er den Begriff „psychische Plastizität“ (siehe „Die endliche und die unendliche Analyse“, Internationale Zeitschrift für Psychoanalyse), um die Fähigkeit zur Veränderung des Gehirns zu markieren.
Die Neuroplastizität stand also lange im Schatten der Lokalisationstheorie.
Start der Neuroplastizität mit der Hebbschen Lernregel
Der Start der Neuroplastizität beginnt offiziell mit der Hebbschen Lernregel.
Er wird dem kanadischen kognitiven Psychobiologen Donald Olding Hebb (1904 – 1985) mit seiner 1949 aufgestellten Regel zugeschrieben. Danach verändert sich im Lernprozess die Struktur der Gehirnzellen. Die Synapsenverbindungen verstärken sich untereinander. Mangels neurologischer Methoden war diese Regel nicht nachweisbar, bis dem norwegischen Neurowissenschaftler Terje Lømo (*1935) der Beweis 1966 gelang. Er war ein Ergebnis der Entdeckung der Langzeitpotenzierung (LTP), der andauernden Verstärkung der synaptischen Übertragung.
Der offizielle Start der Neuroplastizität begann 1949 mit der Hebbschen Regel, die aber erst 1966 bewiesen werden konnte.
Nobelpreise 1981 und 2000 ohne Einfluss auf die Anerkennung der Neuroplastizität
Die Nobelpreise 1981 und 2000 für Medizin und Physiologie blieben ohne Einfluss auf die Anerkennung der Neuroplastizität.
Der Nobelpreis 1981 wurde geteilt. Die eine Hälfte ging an Torsten Nils Wiesel (*1924), einen schwedisch-US-amerikanischen Neurophysiologen, und den kanadischen Neurophysiologen David Hunter Hubel (1926 – 2013) für die Informationsverarbeitung beim Sehen. Die andere Hälfte ging an Roger Wolcott Sperry (1913 – 1994), einen US-amerikanischen Neurobiologen, für den Nachweis der unterschiedlichen Funktionen der Gehirnhemisphären.
Eric Richard Kandel (*1929), ein österreichisch-US-amerikanischer Psychiater und Neurowissenschaftler, erhielt den Nobelpreis 2000 für die Entdeckungen, dass sich im Lernprozess die Gehirnstruktur verändert. Er hatte Lernvorgänge nach der Hebbschen Lernregel nachgewiesen.
Die beiden Nobelpreise für Medizin und Physiologie 1981 und 2000 vermochten es nicht, der Neuroplastizität die erforderliche öffentliche Aufmerksamkeit zu verschaffen.
Schwieriger Weg bis zur Anerkennung der Neuroplastizität
Der Weg bis zur Anerkennung der Neuroplastizität war schwierig. Descartes hat in der Neuzeit den größten Einfluss auf ihre Behinderung gehabt. Inzwischen kommen zwar Zweifel auf, dass Descartes wirklich an die körperlose Seele geglaubt habe. Er könnte das Schicksal von Galileo Galilei (1564 – 1642) gefürchtet haben (Norman Doidge, „Neustart im Kopf“, S. 343 Anm. 27); aber sein Einfluss ist nicht zu leugnen.
Die Formulierung der Hebbschen Lernregel wird als Start der Anerkennung der Neuroplastizität angesehen. Doch im Jahr 2007, also knapp 60 Jahre danach, verfasste der amerikanische Psychiater Norman Doidge eine Bestandsaufnahme zur Anerkennung der Neuroplastizität. Dazu machte er sich auf Reisen zu brillanten Wissenschaftlern, die Ende der sechziger und Anfang der siebziger Jahre überraschende Entdeckungen gemacht hatten („Neustart im Kopf“, S.14). Sieben Jahre später brachte er sie auf den neuesten Stand.
Weitere sieben Jahre später griff der amerikanische Neuroendokrinologe Robert Sapolsky (*1957) die Anerkennung der Neuroplastizität an:
- „Zehntausend Stunden Übung sind keine Garantie für die Neuroplastizität, die erforderlich ist, um aus uns einen Yo-Yo Ma oder LeBron James zu machen.“ („Gewalt und Mitgefühl“, S. 203).
- „Neustart im Kopf“ und ähnliche Bücher verbreiten nach seiner Vorstellung zu viel Optimismus über die Neuroplastizität; denn sie propagierten eine „neue“ Neurologie“ (S.202): „Das Maß an Neuroplastizität ist sicher begrenzt.“ (S.203).
Ebenfalls sieben Jahre später gibt der deutsche Neurobiologe Gerald Hüther, (*1951) zu, dass sein neurobiologisches Wissen seit sechs Jahren neuroplastologisch in weiten Bereichen veraltet sei. In „Lieblosigkeit macht krank“, 2021, schreibt er: „Noch vor wenigen Jahren wäre eine solche Betrachtung nicht möglich gewesen und sehr wahrscheinlich im Esoterikregal der Buchhandlungen gelandet.“ (S.14) Im Gegensatz zu Sapolsky räumt Hüther den Umbruch in der Neurologie durch die Anerkennung der Neuroplastizität ein.
Publizität der Neuroplastizität
Die Publizität der Neuroplastizität hat seit kurzem durch Berichte in der Tagespresse deutlich zugenommen, wenn auch die Qualität noch zu wünschen übriglässt.
Im Dezember 2023 wurde eine Studie der Heidelberger Universität vorgestellt, die Flüchtlinge aus der Ukraine beim Erlernen der deutschen Sprache begleitet hat. Nach einiger Zeit entwickelt sich ein neues Gehirnareal für Deutsch. Hätten die Wissenschaftler, anstatt eine Studie aufzulegen, „Neustart im Kopf“ gelesen, hätten sie zur Neuroplastizität des Gehirns bereits gewusst: „ …, dass in der Konsolidierungsphase des Lernens Gehirnzellen neue Proteine herstellen und ihre Struktur verändern.“ („Neustart im Kopf“ S. 316 Anm. 18)
Soviel zur Anerkennung der Neuroplastizität. Sie entwickelt sich, ist aber kein Selbstläufer.
Neuroplastizität im Arbeitsleben
Die Neuroplastizität im Arbeitsleben wird kaum genutzt. Deshalb bedarf sie der Aktivierung. Ein Beispiel ist die notwendige Rückkehr zum Leistungsgedanken, der in Gesellschaft und Wirtschaft verlorengegangen ist.
Lernen von Leistung durch Neuroplastizität
Das Lernen von Leistung ist als neurologischer Prozess der Neuroplastizität erforderlich. Anstoß dieses Prozesses ist der Leistungsgedanke. Er ist als Sinn jeder Leistung zu entwickeln. Der Sinn ist ein direkter Impuls, der durch Wiederholungen zu verstärken ist. Jeder in kleinen Schritten erzielte Fortschritt erhält eine schrittweise fördernde Belohnung. Damit unterscheidet sich die neuronale Verstärkung von der positiven Verstärkung der Psychologie, die nur den Gesamterfolg belohnt.
Lernhindernis „Lustlosigkeit an der Leistung“ in der Neuroplastizität
Das Lernhindernis „Lustlosigkeit an der Leistung“ hat sich in der Neuroplastizität als schlechte Gewohnheit etabliert. Das Lernen von Leistung muss deshalb dieses Lernhindernis beseitigen. Dazu erzeugt der Sinn des Leistungsgedankens ein eigenes Netzwerk in Konkurrenz zum Netzwerk der Lustlosigkeit an der Leistung.
Flankierend wird das Netzwerk der Lustlosigkeit zur Leistung nicht mehr angesteuert, so dass sich dessen Neuronen zurückbilden. Die durch Rückbildung freiwerdende Gehirnfläche annektieren die Neuronen angrenzender Gehirnareale. Die Annexion trennt die Verbindungen von Gehirnzellen. Sie ist ein plastischer Prozess des Verlernens unter dem Fachbegriff Langzeit-Depression. Diese Bezeichnung deutet daraufhin, dass sich das Verlernen langsam vollzieht. In manchen Fällen tritt ein endgültiger Erfolg nicht ein.
Deshalb ist das Lernhindernis „Lustlosigkeit an der Leistung“ vorrangig durch Stärkung des neuen Netzwerkes zu überwinden. Das Verlernen der Lustlosigkeit mit Hilfe der Langzeit-Depression bleibt daneben als eine flankierende Maßnahme bestehen.
Ergebnis zum „Einsatz von Neuroplastizität“
Die Neuroplastizität ist die Fähigkeit, das Gehirns zu verändern. Sie stand lange Zeit im Schatten der Lokalisationstheorie, die das Gehirn für ein starres Gebilde hält. Daran konnten selbst Nobelpreise nichts ändern. Grund ist auch das plastische Paradoxon. Danach verändern dieselben neuroplastischen Eigenschaften das Gehirn zu Flexibilität oder Rigidität. Die Neuroplastizität ist bereits vor der Hebbschen Lernregel bekannt gewesen. Sie zeigt, dass Lernen die Struktur der Gehirnzellen verändert. Aber Anerkennung hat die Neuroplastizität dadurch nicht gefunden. Dazu bedurfte es noch weiterer 70 Jahre.
Für die Rückkehr zum Leistungsgedanken im Arbeitsleben ist die Neuroplastizität zum Lernen von Leistung und zum Verlernen der Lustlosigkeit eine wichtige Methode. Sie wird allerdings zu wenig genutzt.
Entscheidung für Empathie oder Neuroplastizität
Die Entscheidung für Empathie oder Neuroplastizität in Bezug auf die Rückkehr zum Leistungsgedanken ist durch das verbindende „oder“ gekennzeichnet. Sie ist keine Antinomie im Sinne von „entweder – oder“. Diese Festlegung ergibt sich aus der dringenden Notwendigkeit der Rückkehr zum Leistungsgedanken.
Die Entwicklung der Leistung in den Bereichen Wirtschaft, Sport und Pädagogik beschreibt nicht nur einen negativen gesellschaftlichen Trend; sie deutet auch auf den Verlust des Leistungsgedankens hin. Zur Umkehr des Trends ist die Rückkehr zum Leistungsgedanken erforderlich. Sie kann bewerkstelligt werden, wenn alle psychischen Methoden zugelassen werden.
Entscheidungsgründe für die Empathie
Die Entscheidungsgründe für die Empathie ergeben sich aus der Führungspsychologie, einem traditionell selbstständigen Teilgebiet der Wirtschaftspsychologie.
Sie ist das Führungsmodul, das für Teambildung und Teamleading sorgen soll. Deshalb ist sie bei der Rückkehr zum Leistungsgedanken nicht zu übergehen. Allerdings sind Mangel und Überschuss an Empathie als Fehlerscheinungen auszugrenzen. Der durch Ausgrenzung entstandene Kernbereich der Empathie hat neben der Neuroplastizität seine eigene Legitimation, die Rückkehr zum Leistungsgedanken zu fördern.
Entscheidungsgründe für die Neuroplastizität
Die Entscheidungsgründe für die Neuroplastizität folgen ihrer übergeordneten Bedeutung; denn sie ist die Klammer, die alle Teilwissenschaften zu Gehirn und Geist zusammenhält.
Die Veränderung des Gehirns durch äußere oder innere Einflüsse ist ihr Thema. Sie kann nämlich starre und flexible Veränderungen allein durch Gedanken bewirken. Paradoxerweise können starre Angewohnheiten weitere Veränderungen verhindern. Dennoch ist Neuroplastizität die Grundvoraussetzung für Lernen.
Wenn der Leistungsgedanke ganz oder teilweise verschwunden ist, kann er nur durch Lernen zurückkehren. Die Neuroplastizität wird also zur Rückkehr zum Leistungsgedanken benötigt. Kernempathie stört dabei nicht.
Ergebnis zu „Entscheidung für Empathie oder Neuroplastizität“
Empathie und Neuroplastizität sind keine Gegensätze für die Rückkehr zum Leistungsgedanken. Die Empathie hilft mit ihrer Kernkompetenz, andere Leute zu verstehen. Die Neuroplastizität organisiert durch Veränderung des Gehirns das Lernen des Leistungsgedankens.
Zusammenfassung zu „Rückkehr zum Leistungsgedanken“
Die Notwendigkeit zur Rückkehr zum Leistungsgedanken ergibt sich aus den Leistungsverlusten des wirtschaftlichen Tuns, des Arbeitslebens, des Sports und der pädagogischen Verhinderung von Leistung. Zwei Fähigkeiten, die eine Rückkehr des Leistungsgedanken fördern, sind die Empathie und die Neuroplastizität.
Die Empathie ist die Fähigkeit, auf andere Leute eingehen zu können. Sie setzt das Verständnis für fremde Gedanken und Gefühle voraus. Sie läuft allerdings Gefahr, einerseits zu wenig Verständnis, andererseits zu viel davon aufzubringen. Im richtigen Maß ist die Empathie geeignet, die notwendige Rückkehr zum Leistungsgedanken zu fördern.
Die Neuroplastizität ist in der Lage, das Gehirn zu verändern. Einmal bewirkte Änderungen können später benötigte Flexibilisierungen behindern. Die Neuroplastizität ist aber die Grundvoraussetzung für Lernen. Deshalb führt an ihr kein Weg vorbei, wenn der Leistungsgedanke neu zu erlernen ist.
Call-to-Action
Zur Beurteilung der Empathie als Weg zur Befähigung von Leistung sei auf folgende Beiträge verwiesen:
- „Der Leistungsgedanke und seine Beziehung zur Leistung (1) “
- „Empathie – keine Erlaubnis zur Umgehung von Fachwissen “
- „Empathie – kein Ersatz für Fachwissen in der Politik / Spot 2023 “
- „Keine Toleranz beim Empathiemangel in der Politik / Spot 2024 “
- „Compassionate Leadership – Emotionale Führung “
Fazit
Die Entwicklung der Leistung in der Gesellschaft orientiert sich an verschiedenen Kriterien. Zu ihnen zählt das Geschäftsklima, das die augenblickliche Lage sowie die Erwartungen der Wirtschaft beschreibt. Das BIP benennt die Größe einer Volkswirtschaft und lässt Schlüsse auf ihre Einordnung in die Weltwirtschaft zu. Der Produktionsfaktor Arbeit definiert die Beschäftigung. Der Sport ist nicht nur eine Betätigung. Er gibt auch Aufschluss über den Leistungsgedanken, insbesondere bei Sportarten des internationalen Wettbewerbs. Die Pädagogik ist dasjenige Feld, das den Leistungsgedanken künftiger Generationen beeinflusst.
In Deutschland befinden sich die Leistungen dieser Bereiche im negativen Trend. Daraus folgt, dass eine Rückkehr zum Leistungsgedanken notwendig ist.
Die notwendige Rückkehr zum Leistungsgedanken ist durch die Aktivierung der Fähigkeiten Empathie und Neuroplastizität möglich. Empathie liegt im Trend der Führungspsychologie und ist deshalb im Arbeitsleben fest verankert.
Die Neuroplastizität ist die Fähigkeit des Gehirns, seine Anatomie und Funktionen zu verändern. Bis in die Gegenwart stand sie im Schatten der Lokalisationstheorie, die das Gehirn für unveränderbar hielt. Im Zentrum der Neuroplastizität steht das unablässige Lernen. Im Arbeitsleben betrifft der Lernprozess das Lernen von Leistung und das Verhindern der Lustlosigkeit an der Leistung.