Die Positive Psychologie greift im Arbeitsleben um sich. Studieren lässt sie sich an öffentlichen Universitäten nicht. Dagegen bieten private Institute Studiengänge zur Positiven Psychologie mit Master-Abschluss ohne öffentliches Siegel an. In Abgrenzung zum aktuellen Wirrwarr befasst sich die folgende Trilogie mit dem Einfluss der Positiven Psychologie auf das Diversity Management. Der 1. Teil gibt einen Überblick über die Humanistische Psychologie und ihre Grundlagen, die auch für die Positive Psychologie gelten, sowie die Positive Psychologie selbst. Der 2. Teil widmet sich dem Diversity Management. Der 3. Teil greift die Altersstruktur in der Diversity heraus, um bisher nicht bedachte Wege zu ihrem positiven Management aufzuzeigen.
Humanistische Psychologie
Die Humanistische Psychologie ist eine grundlegende Ergänzung zu der bis dahin auf Therapie gerichteten Psychologie.
Definition der Humanistischen Psychologie
Humanistische Psychologie nannten die Begründer ihre psychologische Methode. Sie riefen in den späten 1950er Jahren die American Association for Humanistic Psychology ins Leben. Mit ihr beabsichtigten sie, ihrem vorwärts gerichteten psychologischen Trend eine organisatorische Basis zur Verbreitung zu geben; denn die Humanistische Psychologie verstand sich neben der humanistischen Philosophie als eigenständige Wissenschaft. Sie sollte nicht mehr nur ein Gebiet der Philosophie bleiben.
Philosophische Grundlagen der Humanistischen Psychologie sind der Humanismus, die Phänomenologie und der Existenzialismus. Bereits im Jahr 1954 war bereits von einer Positiven Psychologie gesprochen worden, die auf den Grundlagen der Humanistischen Psychologie bestand.
Betonung der Positiven Psychologie
Die Betonung der Positiven Psychologie liegt auf „positiv“. Zwar ist die Psychologie grundsätzlich nicht negativ. Sie richtet sich zusammen mit der Psychotherapie auf psychische Deformationen, die sie zu beheben sucht. Diese Deformationen sind negativ. Ihre Behebung ist es jedoch nicht; denn Heilung von Patienten, der Erfolg der Behebung psychischer Definitionen, ist positiv.
Psychische Deformationen sind negative Anlässe. Sie standen bis zur Einführung der Positiven Psychologie im Zentrum der psychologischen Wissenschaft. Sie forderten die Psychologen zu einem Blick zurück auf; denn die Deformationen waren bereits vorhanden, bevor sie behandelt werden konnten. Doch in Ergänzung zum Blick zurück gibt es auch einen Blick nach vorn. Er will die Psyche positiv entwickeln. Personen sollen gefördert werden; ihre Stärken und Potentiale sind freizulegen, damit sie sich positiv entfalten können.
Begründer der Humanistischen/Positiven Psychologie
Die Begründer der Humanistischen Psychologie verfolgten gemeinsam die Betonung des Positiven in der Psychologie. Die Bezeichnung Positive Psychologie für die Humanistische Psychologie kam erst viel später auf.
Ihre Begründer waren der amerikanische Psychologe Abraham Harold Maslow (1908 – 1970), der Psychotherapeut Carl Rogers (1902 – 1987) und die Familientherapeutin Virginia Satir (1916 – 1988). Maslow wurde durch seine Bedürfnispyramide bekannt. Rogers führte die Gesprächstherapie ein. Satir gilt als Mutter der Familientherapie; sie entwarf mit ihrer Methode der Familienskulptur die systemische Familientherapie.
Zusammenfassung zur Humanistischen Psychologie
Die Humanistische Psychologie erhält erst später die Bezeichnung Positive Psychologie. Sie wendet sich von dem Gedanken ab, dass ihre Aufgabe nur die psychotherapeutische Behandlung von bereits entstandenen psychischen Störungen ist. Sie richtet sich nach vorn, also auf die Unterstützung von individuellen Stärken.
Ins Leben gerufen wurde die Humanistische Psychologie von dem Psychologen Maslow, dem Psychotherapeuten Rogers und der Familientherapeutin Satir. Ihre Grundlagen sind der Humanismus, die Phänomenologie und der Existenzialismus. Diese Grundlagen dienen der Zusammenführung naturwissenschaftlicher, philosophischer und psychologischer Erkenntnisse. Durch diesen Zusammenschluss erhält die Humanistische/Positive Psychologie ihre wissenschaftliche Basis.
Grundlagen der Humanistischen Psychologie und der Positiven Psychologie
Die Grundlagen der Humanistischen Psychologie bilden zugleich die Basis für die Positive Psychologie.
Grundlage 1: Humanismus
Der Begriff des Humanismus beschreibt die Philosophie des klassischen Altertums. Er entstand im Mittelalter des 14. bis 16. Jahrhundert als Bewegung zur Wiedererweckung der Klassik. Er beschreibt allgemein das Denken und Handeln sowie das Streben nach Menschlichkeit ab der Antike.
Humanismus – Aristoteles
Der griechische Universalgelehrte Aristoteles (384 v. Chr. – 322 v.Chr.) hebt sich im Denken vom Humanismus zur Menschlichkeit ab. Er stellt ethische Überlegungen zum glückseligen Leben im Sinne der heutigen Positiven Psychologie an: „Als menschliche Tugend bezeichnen wir nun nicht die des Körpers, sondern die der Seele. Und Glückseligkeit nennen wir die Tätigkeit der Seele.“ (Nikomachische Ethik, 1. Buch, Zeile 1102 a 16 ff). Die menschliche Tugend nach Aristoteles wird die Positive Psychologie später „Wohlbefinden“ nennen.
Humanismus – Hegel
Der Humanismus in seiner Ausprägung als Renaissance-Humanismus des 16. Jahrhunderts hat sich zur Zeit von Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770 – 1831) zum Neuhumanismus entwickelt. Ihm steht Hegel bei der Gründung der Humboldt-Universität in Berlin zwar nicht fern; aber mit der „Phänomenologie des Geistes“, 1807, legt er die Grundlage für sein eigenes philosophisches Gebäude. In ihm lässt er die Arten des Geistes bei der einfachen Wahrnehmung der Phänomene beginnen. Er steigert sie über das Bewusstsein und weitere Stufen bis zum absoluten Geist; dessen Dasein bestimmt sich aus dem Sinn der Weltgeschichte. Sie wiederum ermöglicht sogar eine Phänomenologie des Rechts: „Das größte Recht hat der allgemeine, absolute Geist.“ („Vorlesungen über Rechtsphilosophie“, Kommentar von Karl-Heinz Ilting, Band 3, S. 839)
Grundlage 2: Phänomenologie
Mit Phänomenologie ist die philosophische Richtung gemeint, die ihren Erkenntnisgewinn unmittelbar aus den Erscheinungen, den Phänomenen, schöpft.
Phänomenologie – Brentano
Die Phänomenologie von Franz Brentano (1838 – 1917) und nicht die Phänomenologie des Geistes von Hegel ist für die positive Psychologie von Bedeutung. Brentano bekennt sich zur deskriptiven Psychologie als Phänomenologie. Sie beschreibt vor allem die psychischen Phänomene. („Psychologie vom empirischen Standpunkt“, Zweiter Band, „Von der Klassifikation der psychischen Phänomene“). Mit dieser Methode erhebt Brentano die Psychologie zur eigentlichen Wissenschaft und stellt sie als Wissenschaft vor die Philosophie.
Phänomenologie – Husserl
Für seine Phänomenologie übernahm Edmund Husserl (1859 – 1938) von Brentano, dessen Schüler er war, die intentionale Psychologie (Brentano, „Psychologie vom empirischen Standpunkt“, S. 124). Sie fordert ein Hinausgreifen von Gedanken über den Gegenstand hinaus. Daraus lassen sich Klassen der Intention bilden, die Husserl in eine Phänomenologie der Erkenntnisstufen (Husserl, „Logische Untersuchungen“, Zweiter Band, S. 64 ff). überführt. Er erweitert sie auf die Trias Beschreibung, Phänomen und Intentionalität. Diese Erweiterung macht Husserl zum Stammvater der bekannten Phänomenologie.
Phänomenologie – Heidegger
Mit der Phänomenologie steigt Martin Heidegger (1889 – 1976) in seine Ontologie ein. Er war einst Assistent von Husserl. Späte wurde er sogar von ihm zum Nachfolger seines Lehrstuhls vorgeschlagen. Dennoch entwickelte Heidegger sich zum Gegner der Phänomenologie von Husserl. Sein Hauptwerk „Sein und Zeit“ hat er sogar 1926 „Edmund Husserl in Verehrung und Freundschaft zugeeignet“. Im Jahr 1933 verliert Husserl als Jude seine Beamtenstellung. Umgehend entzieht ihm Heidegger seine Zueignung der Auflage 1933 von „Sein und Zeit“. Heidegger widmet sich zwar der phänomenologischen Methode; aber er rechnet schonungslos mit der Phänomenologie ab. Er stellt das Sein in den Mittelpunkt seines Erkenntnisgewinns. Dabei wirf ert Husserl vor, das Sein in Selbstvergessenheit der Phänomene zu übersehen.
Mit den Begriffen „Mitdasein“, „Sorge“ und „Fürsorge“ philosophiert Heidegger ambivalent eine Verantwortung für andere herbei. „Das Mitdasein . . . muß . . . aus dem Phänomen der Sorge interpretiert werden. …, die Pflege des kranken Leibes ist Fürsorge.“ (ebda., S. 121). Die positive Fürsorge hat zwei Extreme „– der einspringend beherrschenden und der vorspringend befreienden -“ (ebda., S. 122). „Zwischen den beiden Extremen . . . hält sich das alltägliche Miteinander …“ (ebda.). Allerdings scheint es demnach auch eine nicht genannte negative Fürsorge geben. Diese Auslassung bestätigt, dass Heidegger philosophisch wie menschlich zum Mitgefühl für Menschen unfähig ist.
Phänomenologie – Hannah Arendt
Den Zugang zur Phänomenologie fand Hannah Arendt (1906 – 1975) über Heidegger. Sie war zeitweise seine Assistentin und Geliebte. Ihre vorübergehende Inhaftierung durch die Gestapo im Juli 1933 veranlasste sie als Jüdin Deutschland verlassen. Sie attestierte Heidegger gegenüber dem Psychiater und Philosophen Karl Jaspers (1883 – 1969) „Charakterlosigkeit … in dem Sinne, dass er buchstäblich keinen hat, …“. Jean-Paul Sartre (1905 – 1980) schrieb: „Heidegger hat keinen Charakter. Das ist die Wahrheit.“ (siehe auch Bakewell, ebda., S. 111) Sartre bezieht in sein Urteil die Rolle Heideggers während der NS-Zeit und dessen spätere Rechtfertigung als „Dummheit“ ein.
Grundlage 3: Existenzialismus
Der Existenzialismus ist mit den Namen von Jean-Paul Sartre, Simone de Beauvoir (1908 – 1976) und Albert Camus (1913 – 1960) vornehmlich verbunden.
Existenzialismus – Sartre
Der Hauptakteur im Existenzialismus ist Sartre mit seinem Hauptwerk „Das Sein und das Nichts“. Das Werk führt den Existenzialismus zu einer französischen Strömung der Existenzphilosophie. Sie erlangt über ihren philosophischen Status hinaus auch als Lebenshaltung Bedeutung. Diese Entwicklung in den französischen Kulturkreis ist verwunderlich und wurde deshalb auch von amerikanischen Philosophen zunächst fehlinterpretiert. Sie hatten nämlich deutsche Philosophen in der Nachfolge der Ontologie Heideggers vermutet.
Sartre beginnt seine Überlegungen mit der Darstellung der Phänomenologie. Er steht Husserl näher als Heidegger. Doch er distanziert sich von beiden („Das Sein und das Nichts“, S. 313 ff). Für ihn geht das Dasein dem Sosein, also die Existenz der Essenz, vor. Daraus ergibt sich für ihn die Verantwortung des Menschen.
Nachdem Sartre den Existenzialismus als Humanismus bezeichnet hatte, griff Heidegger „Das Sein und das Nichts“ als „Dreck“ an. Er hatte sich gerade selbst vom Humanismus abgewandt.
Existenzialismus – de Beauvoir
Der Beitrag zum Existenzialismus von de Beauvoir ist die Darstellung der Frau in „Das andere Geschlecht“. Die Existenz der Frau beginnt mit der Kindheit: „Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es.“ (S. 334).
Existenzialismus – Camus
Camus nimmt im Existenzialismus eine Sonderrolle ein. Er glaubt nicht optimistisch an die Vernunft. Er will auf das Absurde hinweisen: „Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.“ (Der Mythos von Sisyphos, S. 101).
Grundlage 4: Spiegelneuronische Variante
Die spiegelneuronische Variante betrifft die Phänomenologie und den Existenzialismus. In den 1980er Jahre des vorigen Jahrhunderts entdeckten die „phantastischen Vier“
in Parma die Spiegelneuronen.
Spiegelneuronen sind Nervenzellen im prämotorischen Cortex. Sie werden aktiviert (feuern), sobald Primaten eine Handlung vornehmen, beobachten oder über sie nachdenken. Beim Beobachten und beim Nachdenken feuern die Spiegelneuronen so, als ob die Primaten die Handlung selbst vornehmen.
Spiegelneuronische Variante – Gallese
Gallese, Neurophysiologe und „Chefphilosoph“ dieser Vierer-Gruppe (Marco Iacoboni „Woher wir wissen, was andere fühlen – Das Geheimnis der Spiegelneuronen“, S. 26 f) beschäftigte sich mit den Arbeiten von Maurice Merleau-Ponty (1908 – 1961).
Spiegelneuronische Variante – Merleau-Ponty
Die spiegelneuronische Variante fußt auf Gedanken und Arbeiten von Merleau-Ponty. Er wird häufig fälschlich als Existenzialist bezeichnet, weil er vor Sartre mit de Beauvoir befreundet und im „Café der Existenzialisten“ (Sarah Bakewell) anzutreffen war.
Merleau-Ponty war stattdessen ein charismatischer Phänomenologe, der auf die „Leibeserfahrung“ in Husserls Spätwerk hinwies. In seinem zweiten Hauptwerk “Phänomenologie der Wahrnehmung“ beschreibt Merleau-Pont die Wahrnehmung als aktive Tätigkeit des Leibes, einem Zentralbegriff seiner eigenen Phänomenologie. Der Leib (chair) ist ein „synergetisches System“, „dessen sämtliche Funktionen übernommen und verbunden sind in der umfassenden Bewegung des Zur-Welt-Seins.“ (ebda, S. 35).
Außerdem hatte Merleau-Ponty als Kinderpsychologe Experimente des Wahrnehmens mit Babys durchgeführt. Diese psychologischen Fallstudien waren für Gallese von phänomenologischem und spiegelneuronischem Interesse. In einem Experiment tut Merleau-Ponty so, als wolle er in den Finger eines sechs Monate alten Babys beißen. Das Baby öffnet den Mund.
Spiegelneuronische Variante – Goldman
Die spiegelneuronische Variante findet sich auch bei dem amerikanischen Philosophen Alvin Goldman (*1938), der kognitionswissenschaftlich tätig war. Mit ihm verfasste Gallese einen Beitrag zur Simulationstheorie. Simulation heißt, den anderen durch „Nachspielen“ zu verstehen. Beide Autoren äußerten zum ersten Mal die Vermutung, dass Spiegelneuronen neuronale Manifestationen des Simulationsprozesses sein könnten (Iacoboni, S. 27).
Spiegelneuronische Variante – Iacoboni
Ebenfalls wird die spiegelneuronische Variante von Iacoboni geschildert. Aufgrund der philosophischen Arbeiten von Gallese und eigener Forschung auf dem Gebiet der Neurowissenschaft befürwortet ereine existenzialistische Neurowissenschaft. Ihre Grundlage ist ein neuer Existenzialismus. Dessen kognitives Problem der Theory of Mind, das Verstehen des anderen, kann durch Spiegelneuronen als Vermittler gelöst werden. (Iacoboni, S. 276). Phänomenologisch hat Husserldiese neurologische Entdeckung mit dem Begriff „Verknüpfung“ vorausgeahnt.
Zusammenfassung zur Spiegelneuronischen Variante
Die spiegelneuronische Variante von Phänomenologie und Existenzialismus ebnet den Weg in die Positive Psychologie für die Neurowissenschaft. Eine wissenschaftliche Anerkennung der Positiven Psychologie in der Neurologie ist damit nicht verbunden. Allerdings findet die Positive Psychologie wachsende Beachtung.
Resümee zu den Grundlagen der Humanistischen und der Positiven Psychologie
Die Grundlagen der Humanistischen Psychologie gelten auch für die Positive Psychologie. Sie sind der Humanismus, die Phänomenologie und der Existenzialismus. Der Humanismus bezieht sich auf die Philosophie der Antike, die in der Renaissance wiederbelebt wurde. Die Phänomenologie beginnt nicht bei Hegel, sondern bei Brentano. Ihr Hauptvertreter ist Husserl, der von Heideggers Ontologie kritisiert wird. Diese Kritik enthält aber auch eine charakterliche Eintrübung, die auf Heideggers Konto geht. Der Existenzialismus bekennt sich zum Humanismus und schließt kritisch an die Phänomenologie von Husserl an. Insbesondere Sartre wendet sich von Heideggers Ontologie, auch aufgrund dessen fehlenden Charakters, ab. Eine spiegelneuronische Variante zur Phänomenologie und zum Existenzialismus hat sich für die Neurologie entwickelt. Sie bildet das philosophische Fundament für die Forschung zu den Spiegelneuronen. Allerdings hat sie der Positiven Psychologie in der Neurologie zwar keine wissenschaftliche Anerkennung, aber eine erhöhte Beachtung verschafft.
Positive Psychologie
Die Positive Psychologie ist eine Wiedererweckung der Humanistischen Psychologie. Der Begriff stammte noch aus dem Jahr 1954 von Abraham Maslow; aber ihre größere Aufmerksamkeit verdankt sie dem amerikanischen Psychologen Martin Seligman (*1942) in den 1990er Jahren des vorigen Jahrhunderts.
Beschreibung zu „Positive Psychologie“
Die Beschreibung zu „Positive Psychologie“ ergänzt die bereits gemachten Ausführungen der Nachfolge auf die Humanistische Psychologie. Sie ist nicht auf Heilung bereits bestehender psychischer Defizite fokussiert. Sie muss sich also nicht mit negativen Befunden auseinandersetzen. Ihr Blick richtet sich nach vorn auf die positiven psychischen Entwicklungen. Die Positive Psychologie wendet sich dem Glück des Menschen zu und betont Optimismus, Vertrauen und Geborgenheit. Sie will charakterliche Stärken verstärken und Tugenden fördern. Zu ihnen gehören auch Vergebung und Solidarität.
Matadore für die Positive Psychologie
Zu den Matadoren für die Positive Psychologie zählen vor allem Seligman, Mihály Csíkszentmihályi (1934 – 2021) und Daniel Kahneman (*1934).
Positive Psychologie – Seligman
Unbestritten gilt Seligman als der Begründer der Positiven Psychologie, obwohl er diesen Begriff nicht erfunden hat. Er hat auch keinen Anteil an den Grundlagen der Humanistischen Psychologie. Aber Seligman hat die Grundlagen der Humanistischen Psychologie aufgegriffen und deren positive Ausrichtung wiedererweckt. Sodann hat er sie als Positive Psychologie fortentwickelt.
Sein Forschungsgebiet war die Depression. Dabei erkannte Seligman die „erlernte Hilflosigkeit“ und prägte diesen Begriff. Menschen, die sich im Zustand einer erlernten Hilflosigkeit befinden, können mit Mitteln gegen die Depression therapiert werden. Während seiner Zeit als Präsident der American Psychological Association entwickelte er die Theorie des Wohlbefindens. Neben diesen Forschungsgebieten entwarf er die Positive Psychologie, in die er deren Ergebnisse einbrachte.
Positive Psychologie – Csíkszentmihályi
„Das Flow-Erlebnis“ ist das bekannteste Buch des ungarischen Psychologen Csíkszentmihályi. Es beschreibt den mentalen Zustand tiefster müheloser Konzentration, der in einen Tätigkeitsrausch übergeht. Csíkszentmihályi untersucht dazu unterschiedliche menschliche Tätigkeiten wie Klettern, Schachspielen, Arbeit und Rocktanzen, um die Freude am Tun zu illustrieren. Das Flow-Erlebnis wird zur Ergänzung des Wohlbefindens in der Positiven Psychologie.
Positive Psychologie – Kahneman
Der israelisch-US-amerikanische Psychologe Kahneman erhielt 2022 den Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften für die mit dem Kognitionswissenschaftler Amos Tversky (1937 – 1996) entwickelte Erwartungstheorie. In diesem Zusammenhang beschäftigt er sich auch mit dem erlebten Wohlbefinden („Schnelles Denken, langsames Denken“, S. 482 ff). „Die Lebenszufriedenheit lässt sich am leichtesten dadurch steigern, dass man die verfügbare Zeit besser nutzt.“ (ebda., S. 490) ist eine seiner Quintessenzen Richtung Positive Psychologie.
Charakterliche Grundlagen für die Positive Psychologie
Charakterliche Grundlagen zählen zu den Schwerpunkten der Positiven Psychologie; denn ihre Umsetzung hängt von ihnen ab. Seligman hat deshalb intensiv zu den charakterlichen Grundlagen geforscht und viele empirische Studien betrieben. Er identifizierte sechs Tugenden, denen er 24 Charakterstärken zuordnete. Die sechs Tugenden (virtues) sind als die charakterlichen Grundlagen für die Positive Psychologie anzusehen.
(1) Kognition: Die Kognition ist durch Weisheit und Wissen belegt. Ihre größte Charakterstärke ist die Kreativität. Weitere Charakterstärken sind Neugier, Aufgeschlossenheit, Wissbegierde und das Eröffnen von Perspektiven.
(2) Emotionalität: Der Emotionalität liegen (Zivil-)Courage und Mut zugrunde. Ihre Charakterstärken sind Tapferkeit, Beharrlichkeit, Integrität und Vitalität.
(3) Zwischenmenschlichkeit: Die Betonung liegt auf den zwischenmenschlichen Beziehungen, vor allem auf Liebe. Weitere Charakterstärken sind Freundlichkeit und soziale Intelligenz.
(4) Persönlichkeit: Die Persönlichkeit wird durch Gerechtigkeit bestimmt. Fairness ist die größte charakterliche Stärke. Sie ist durch die Übernahme sozialer Verantwortung und Führungsstärke zu ergänzen.
(5) Schutz gegen Übertreibungen: Mäßigung heißt die Tugend. Zu den charakterlichen Stärken gehören Vergebung und Mitleid, Demut und Bescheidenheit, Besonnenheit sowie Selbstbeherrschung.
(6) Spiritualität: Thema ist die Transzendenz. Sie äußert sich in der Wertschätzung von Schönheit und Exzellenz. Dankbarkeit, Hoffnung, Humor und Spiritualität sind weitere charakterliche Stärken.
Anwendungsgebiete für die Positive Psychologie
Die Anwendungsgebiete für die Positive Psychologie erweitern sich ständig.
Besonders das Arbeitsleben profitiert von den Anwendungen aus der Positiven Psychologie. Zu nennen sind Positive Leadership, Unternehmensorganisation und Ansätze zur Erneuerung der Unternehmenskultur. Das Coaching von Unternehmern und Führungskräften gehört ebenfalls dazu. Grundsätzlich sind Bildung und Erziehung der Nährboden für die Anwendungsgebiete der Positiven Psychologie.
Zusammenfassung zu Positive Psychologie
Die Positive Psychologie ist eine Fortsetzung der Humanistischen Psychologie. Abraham Maslow hatte die Humanistische Psychologie im Jahre 1954 bereits Positive Psychologie genannt. An diesen Begriff knüpft Seligman an, als er die Positive Psychologie wiedererweckt und ihr die verlorene Aufmerksamkeit neu verschafft. Neu sind darüber hinaus die experimentellen Ansätze, die Seligmann zu ihrer Weiterentwicklung einführt. Zu den flankierenden Wegbereitern der Positiven Psychologie zählen auch Csikszentmihalyi und Kahneman; sie haben, der erste mit der Beschreibung des Flow-Erlebnisses und der zweite mit seiner Theorie zum Well-Being, ihre wichtige Beiträge zur Positiven Psychologie geleistet. Zu betonen sind die charakterlichen Grundlagen, die Seligman für die Positive Psychologie anhand zahlreicher Studien entwickelt hat. Sie sorgen für neue Anwendungsgebiete, von denen das Arbeitsleben eine hervorgehobene Stellung einnimmt. Der 2. und der 3. Teil dieser Trilogie befassen sich mit dieser Thematik.
Call-to-Action
Zur weiteren Lektüre werden die Blockbeiträge
- „Lösungsfokussierte Kurztherapie für das Management – 3. Teil Kurztherapie“
- „Verlustaversion des Bewerbers“
- „Positive Psychologie – Trilogie 2. Teil: Diversity Management“
- „Positive Psychologie – Trilogie 3. Teil: Diversity Altersmix im Arbeitsleben“
empfohlen.
Fazit
Die Positive Psychologie ist in ihren Grundlagen im 1. Teil der Trilogie darzustellen, damit ihre Bedeutung für das Arbeitsleben sichtbar wird. Die Positive Psychologie verfolgt die Methode, Stärken oder Charaktereigenschaften von Personen positiv zu entwickeln. Sie setzt als vorwärts gerichtete Psychologie ein. Die Positive Psychologie ergänzt die bereits vorhandenen psychologischen Aufgaben, psychische Defizite zu behandeln. Sie startete unter der Bezeichnung Humanistische Psychologie; denn ihre Gründer richteten sie an den Grundlagen des Humanismus, der Phänomenologie und des Existenzialismus aus. Eine vierte Grundlage bildete sich unter dem Eindruck der Forschung zu den Spiegelneuronen. Bereits 1954 hatte Abraham Maslow, einer ihrer Begründer, die Humanistische Psychologie Positive Psychologie genannt. Knapp 40 Jahre später startete Martin Seligmann unter der Bezeichnung Positive Psychologie neu. Er stellte aus zahlreichen experimentellen Studien ein Tableau aus Tugenden und Charakterstärken zusammen. Es bildet die Grundlage für die positive Entwicklung von Charaktereigenschaften durch die Positive Psychologie. Ein wichtiges Anwendungsgebiet ist das Arbeitsleben.
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