Ein Achtung-Schild mit Ausrufezeichen warnt vor einer Mausefalle. Der Speck in der Falle symbolisiert das Jobangebot.

Unterdotierte Jobangebote lauern als Fallen ständig und überall, besonders zu Krisenzeiten wie der Corona-Pandemie. Sie schnappen mit der Unterschrift unter den Anstellungsvertrag zu, werden aber erst später sichtbar. Arbeitnehmer wie Arbeitgeber können gleichermaßen in sie hineintappen. Die Fallensteller sind also genauso wie diejenigen gefährdet, die ihnen zum Opfer fallen sollen. Unterdotierte Jobangebote als Fallen gilt es, rechtzeitig zu enttarnen, damit es zu keinem bösen Erwachen, insbesondere nach der Corona-Pandemie kommt.

Unterdotierte Jobangebote – unterdotierte Jobs

Zur Klarstellung sei vorausgeschickt, dass die unterdotierten Jobangebote und nicht die unterdotierten Jobs das Thema dieses Beitrags sind. Natürlich sind die Gründe für Unterdotierungen von Jobangeboten und Jobs in vielen Fällen identisch; doch darauf kommt es hier nicht an, sondern auf den Qualitätsunterschied.

Jobs

Jobs sind Arbeitsplätze, für die das Arbeitsvertragsrecht gilt. Die Bezahlung, auch wenn sie niedrig ausfällt, ist als Gegenleistung für die Arbeit zwischen den Parteien fest vereinbart. Ausnahmen sind lediglich Rechtsverstöße gegen die Vorschriften zum Mindestlohn, gegen ähnliche Bestimmungen oder gegen die guten Sitten.

Jobangebote mit Unterdotierung

Jobangebote sind noch keine Jobs. Sie werden erst durch ihre Annahme zu Arbeitsverträgen. Die Unterdotierungen sind Teilangebote, die ebenfalls der Annahme bedürfen.  

Jobangebote ohne Unterdotierung

In der von der Corona-Pandemie beeinflussten Praxis geben die Firmen ihre Jobangebote zunächst ohne Unterdotierung ab. Die Bekanntgabe der Unterdotierung wird möglichst lange hinausgezögert. Oft erfahren die Bewerber erst am Ende des Bewerbungsverfahrens im Konditionengespräch von der Unterdotierung des Jobangebotes und werden mit ihr überfallartig konfrontiert.

Diese Zuspitzung macht es erforderlich, den Jobangeboten und nicht den Jobs eine eigene Betrachtung zu widmen und die Fallen der Unterdotierungen bei Jobangeboten zu beschreiben.

Wirtschaftliches Umfeld für unterdotierte Jobangebote

Ein wirtschaftliches Umfeld für unterdotierte Jobangebote sind vor allem Krisen, zu denen auch die Corona-Pandemie gehört. Sobald sich die Krisen auf den Arbeitsmarkt auswirken, treten die unterdotierten Jobangebote gehäuft auf.

Krisen bilden ein wirtschaftliches Umfeld, das Unsicherheiten für den Bestand der Arbeitsplätze schafft. Deshalb sind Arbeitnehmer eher bereit, Arbeitsplatzwechsel in Betracht zu ziehen und sich auf Jobangebote zu bewerben. Unternehmen sehen die Chance, diese Unsicherheiten auszunutzen, indem sie sich am Arbeitsmarkt günstig mit Arbeitskräften eindecken. Unterdotierte Jobangebote gewinnen an Konjunktur.

Unsichere Arbeitsplätze

Unsichere Arbeitsplätze können sich aus unterschiedlichen Situationen ergeben.

Durch Gerüchte

Das wirtschaftliche Umfeld kann Gerüchte, dass die Arbeitsplätze in einem Unternehmen nicht mehr sicher sind, entstehen lassen oder beflügeln. Daraus entwickelt sich eine Wechselstimmung, die zu Bewerbungen auf angeblich sichere Jobs führt.

Gerade die aktuellen Beispiele der Deutschen Lufthansa und TUI haben die Arbeitnehmer sensibilisiert. Durch die Staatshilfen zur Überbrückung der durch die Corona-Pandemie verursachten Einbrüche sollten Entlassungen vermieden werden; aber das Gegenteil ist der Fall, zur Freude der Anteilseigner und zur Ernüchterung der Belegschaft.

Durch Ankündigungen

Sind Entlassungen geplant oder angekündigt, werden die Jobs als unsicher empfunden.

Zwar sind nicht alle Arbeitsplätze betroffen, aber die Ankündigungen werden als generelle Drohungen empfunden. So hat die Commerzbank 10.000 Entlassungen für 2021 angekündigt, von denen jede dritte Stelle betroffen sein soll. Die Wechselwilligkeit der Arbeitnehmer steigt in solchen Fällen. Sie kann den Arbeitgebern sogar gelegen kommen, außer wenn die relevanten Leistungsträger unter den Wechselwilligen sind.

Durch Kurzarbeit

Kurzarbeit ist eine Maßnahme zur Entlastung der Betriebe und zur Erhaltung der Arbeitsplätze.

Aber sie macht dennoch Arbeitsplätze unsicher, weil sie eine auf einem erheblichen Arbeitsausfall beruhende Verringerung der regelmäßigen Arbeitszeit ist. Jeder Arbeitnehmer in Kurzarbeit wird sich daher die Frage stellen, ob er langfristig auf seinen alten Arbeitsplatz zurückkehren kann.

Durch M&A

Im M&A-Geschäft ist die Sicherheit der Arbeitsplätze nicht gewährleistet.

Käufe und Verkäufe von Unternehmen sind Sondersituationen im betrieblichen Alltag. Kündigungen drohen. Die Verkäufer wollen ihr Angebot attraktiv machen, indem sie die Kosten, also auch die Personalkosten, senken. Die Käufer profitieren von einem niedrigeren Kaufpreis.

Nach der Übernahme wird der Kaufgegenstand in das Unternehmen des Käufers integriert. Die Integration kostet Arbeitsplätze, in der Regel und im Zweifelsfalle bei dem gekauften Unternehmen. Da das wirtschaftliche Umfeld einer Krise das M&A-Geschäft begünstigt und zu Schnäppchenjägerei verleitet, sind Jobs gefährdet und unsicher.

Durch Notsituationen

Notsituationen, vermeintliche oder wirkliche, können sich für Arbeitnehmer aus Veränderungen im Betrieb ergeben.

Daraus sind irrationale Überlegungen denkbar, aus denen die Arbeitnehmer Jobwechsel in Betracht ziehen. Angst um die Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes ist ein Beispiel für einen solchen Anlass.

Zusammenfassung zum wirtschaftlichen Umfeld

Das wirtschaftliche Umfeld von Betrieben kann unterdotierte Jobangebote begünstigen.

Werden Arbeitsplätze unsicher, steigt die Wechselwilligkeit der Arbeitnehmer. Damit ist zugleich die Bereitschaft verbunden, bei erhöhtem Existenzdruck unterdotierte Jobangebote anzunehmen. Der Existenzdruck kann sich auch psychisch entwickeln. Das Ergebnis einer Umfrage Anfang 2021, wonach ein sicherer Arbeitsplatz den Befragten wichtiger als das finanzielle Einkommen ist, deutet auf die Akzeptanz von Unterdotierungen in Zeiten der Corona-Pandemie hin.

Gründe für die Abgabe unterdotierter Jobangebote

Nicht nur das wirtschaftliche Umfeld rückt zu niedrig dotierte Jobangebote in den Bereich des Möglichen. Auch betriebsinterne Konstellationen können die Ursache für unterdotierte Jobangebote sein.

Kostenstrategie

Die Kostenstrategie gehört zum strategischen Management, das die Existenz des Unternehmens sichern soll.

Sie kann als Ziel die Kostenführerschaft in der Branche vorgeben. Je höher das Ziel gesteckt ist, desto schärfer werden die Kosten der Betriebsabteilungen und Arbeitsabläufe überwacht. Daraus entstehen Interdependenzen, die sich auf die Jobs und die Jobangebote auswirken können. Ein Beispiel soll diese gegenseitigen Abhängigkeiten verdeutlichen.

Beispiel Verlagsleitung

Ein Aufsichtsrat hatte eine Verlagsleitung mit hohem Bedarf an Dienstreisen ausgeschrieben. Im Konditionengespräch teilte er einem Bewerber mit, das Jahreseinkommen sei auf 50.000 Euro limitiert. Als Kilometerpauschale werde bei Dienstreisen jeder gefahrene Kilometer grundsätzlich mit 30 Euro-Cent vergütet, egal wie die steuerlichen Höchstgrenzen sind. Bahnreise würden mit nur dem halben Preis der Bahnfahrkarte abgegolten.

Der Bewerber wandte ein, die Ausschreibung sei ein unterdotiertes Jobangebot. Darauf entgegnete der Aufsichtsrat, der Verlag fahre eine Strategie niedriger Kosten. Deshalb passe die Dotierung der Verlagsleitung nur so ins Gehaltsgefüge des Verlages.

Kostendruck durch Einkaufsmacht

Der Kostendruck durch Einkaufsmacht ist ein Sonderfall des wirtschaftlichen Umfeldes.

Er entsteht bei den Lieferanten, wenn der Einkäufer die Preise bestimmen kann. Er setzt also eine unausweichliche Marktmacht voraus. Um die Aufträge nicht zu verlieren, müssen die Lieferanten Preise weit unter Kostendeckung ihrer Angebote akzeptieren. Dazu sind sie nur in der Lage, wenn sie ihre Kosten, also auch die Personalkosten, ständig senken. Neubesetzungen von Arbeitsplätzen führen unter diesem Zwang zu unterdotierten Jobangeboten. Zwei Beispiele sollen die Einkaufsmacht illustrieren.

Beispiel Lebensmitteleinzelhandel

Ein Lebensmitteleinzelhändler stellte an seinem Firmensitz dem Einkäufer eines Etikettendruckers einen Auftrag in Aussicht, sofern er die Konditionen akzeptiere: 3 Mio. fünffarbige Nassetiketten zum Tausenderpreis von 1,90 Euro, Zahlung sofort bei Lieferung ohne Abzug von Skonto. Der akzeptable Teilkostenpreis für die Druckerei wäre 2,60 Euro pro Tausend Etiketten gewesen.

Beispiel Nahrungsmittelkonzern

Der Einkäufer eines Nahrungsmittelkonzerns führte mit dem Verkaufsleiter eines Etikettendruckers ein Preisgespräch über die Einkaufsmengen des nächsten Jahres. Preiserhöhungen wegen gestiegener Kosten würden nicht generell akzeptiert. Rohstoffkosten und Energiekosten würden ersetzt, Personalkosten nicht. Der Konzern gehe davon aus, dass die Personaldecke dem technischen Fortschritt angepasst werde. Die Kostensenkung werde als ständige Managementaufgabe des Lieferanten unterstellt.

Betriebliches Kostenniveau

Das betriebliche Kostenniveau kann die wirtschaftliche Situation eines Unternehmens stark beeinträchtigen, wenn es auf Strukturproblemen beruht.

Sofern den Strukturproblemen hohe nicht abbaubare Kosten zugrunde liegen, lässt sich das betriebliche Kostenniveau nicht senken; der Ruin des Unternehmens droht. Solche Situationen entstehen häufig durch Umsatzmangel wegen überhöhter Absatzkosten. Die Schrumpfung des Marktes, der ein Unternehmen nicht durch Anpassung der Kosten zu folgen vermag, ist eine ähnliche Lage.

Müssen trotzdem Neueinstellungen vorgenommen werden, sind unterdotierte Jobangebot die Regel.

Beispiel Personaldecke

Eine in der fünften Generation geführte Großdruckerei war deutschlandweit Marktführerin im Etikettendruck. Der Außendienst war in regionale Niederlassungen gegliedert. Nur der Druckstandort war zentral.

Als der Offsetdruck den Hochdruck technologisch überholte, wurden viele mit Bogendruckmaschinen ausgerüstete Druckereien gegründet. Sie boten auch den Etikettendruck vor Ort zu sehr niedrigen Preisen an. Die Großdruckerei begegnete diesem Marktangriff nur durch Kostensenkungen, statt eigene Druckstandorte in den Regionen aufzumachen.

Bald war das Potenzial der Personalkosten aufgebraucht. Es waren nur noch langgediente Mitarbeiter vorhanden, deren Abfindungsansprüche bei Kündigung den bei ihrer Weiterbeschäftigung fortzuzahlenden Löhnen entsprach.

Strukturschwache Regionen

Strukturschwache Regionen sind durch niedrige Lebenshaltungskosten gekennzeichnet. Sie stellen allerdings die Unternehmen vor die Herausforderung, ihr betriebliches Kostenniveau ihrem Umfeld anzupassen; sonst sind sie nämlich nicht in der Lage, ihre Produkte oder Dienstleistungen in den strukturschwachen Regionen abzusetzen. Da die Unternehmen außerdem im gegenseitigen Wettbewerb stehen, müssen sie die Kosten im Griff behalten.

Unterdotierte Jobangebote dienen also dazu, die Personalkosten den Anforderungen der strukturschwachen Regionen anzupassen.

Schnäppchenjagd

Die Schnäppchenjagd ist oft die Basis für unterdotierte Jobangebote. Sie soll aus Bewerbern Schnäppchen für zu niedrig bezahlte Jobs machen.

Anlässe sind Massenentlassungen gleich welcher Art. Krisen bieten genauso den Nährboden wie Umstrukturierungen von großen Unternehmen wie weltweiten Konzernen. So hat während der Corona-Pandemie die Deutsche Lufthansa erneut 15.000 Entlassungen beim fliegenden Personal angekündigt. Billigfluglinien, die ihrer Belegschaft deutlich niedrigere Einkommen bezahlen, haben bereits Interesse gezeigt.

Eine Schnäppchenjagd durch die Billigfluglinien mit unterdotierten Jobangeboten ist nicht ausgeschlossen.

Zusammenfassung zur Abgabe unterdotierter Jobangebote

Die Abgabe unterdotierter Jobangebote kann unterschiedliche Ursachen haben. Sie kann der Kostenstrategie des Unternehmens geschuldet sein, aber auch auf Druck der Einkaufsmacht der Kunden beruhen. Strukturschwache Regionen verlangen ebenso ihren Kostentribut von den ansässigen Unternehmen.

Wo Licht ist, ist auch Schatten. Den Schatten für unterdotierte Jobangebote suchen die Schnäppchenjäger, die Notlagen, Ängste oder andere Situationen der Bewerber ausnutzen wollen.

Gründe für die Annahme unterdotierter Jobangebote

Gründe, die für die Annahme unterdotierter Jobangebote sprechen, sind selten zu finden; denn grundsätzlich tritt ein Bewerber einen Job nicht an, der unter dem Marktpreis angeboten wird.  Es sei denn, er befindet sich in einer akuten finanziellen Notlage oder schwierigen persönlichen Situation. Aber auch dann ist die Annahme unterdotierter Jobangebote sorgfältig abzuwägen.

Der mit der Unterdotierung verbundene finanzielle Nachteil lässt sich im Unternehmen nur schwer, wenn überhaupt, aufholen. Bei einem Jobwechsel wird der Bewerber nach seinem Ist-Einkommen gefragt. Gibt er ein zu niedriges Einkommen an, wird sein mit dem Stellenwechsel beabsichtigter Zugewinn an Einkommen geringer ausfallen. Ein verständiger neuer Arbeitgeber wird zwar die Unterdotierung des vorherigen Jobs bei der Festlegung des neuen Einkommens nicht unnötig strapazieren; denn schwer begründbare Unterschiede im Einkommen führen zu Spannungen in der eigenen Belegschaft. Aber darauf darf ein Bewerber nicht hoffen.

Dennoch können Gründe vorliegen, die für die Annahme unterdotierter Jobangebote sprechen.

Zusätzliche Nebenleistungen

Zusätzliche Nebenleistungen, auch fringe benefits genannt, sind Sachleistungen, die das Gehalt attraktiver machen. Dazu gehören Firmenwagen mit privater Nutzung, Kostenerstattungen für Kitas, Essenmarken u.a.m. Betrachtet man das Einkommen als ein Paket aus Gehaltszahlungen und Nebenleistungen, ist es im Ergebnis gleichgültig, wie das Paket zusammengesetzt ist.

Jobangebote, die durch zusätzliche Nebenleistungen aufgewertet werden, sind keine unterdotierten Jobangebote.

Sammeln von Berufserfahrungen

Berufliche Erfahrungen sind ein Qualitätsmerkmal. Je geeigneter sie für die Ausführung eines Jobs sind, desto besser wird der erfahrene Job-Inhaber bezahlt. Für Anfänger im Beruf, Jobwechsler oder Quereinsteiger ist es wichtig, sich so schnell wie möglich die erforderlichen Berufserfahrungen anzueignen. Deshalb kann es sinnvoll sein, dass sie zu Gunsten der Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln, auf Einkommen verzichten; denn sie werden die temporäre Lücke durch besser bezahlte Aufgaben später ausgleichen und schneller aufsteigen können.

Die Annahme von unterdotierten Jobangeboten, die das Sammeln von Berufserfahrung zulassen, bedeutet, einen Wechsel auf eine besser bezahlte berufliche Zukunft zu ziehen.

Niedrige Lebenshaltungskosten in der Region

Niedrige Lebenshaltungskosten in der Region machen die Annahme unterdotierter Jobangebote sinnvoll, wenn das Stellenprofil stimmt; denn in strukturschwachen Gebieten wird weniger Einkommen bezahlt, ohne dass der Lebensstandard leidet. Daraus folgt, dass die Bewerber die Dotierung der Jobs mit den Lebenshaltungskosten in Beziehung setzen müssen. Aus dem Ergebnis lässt sich ermessen, ob unterdotierte Jobangebote vorliegen.

Schnellere Aufstiegsmöglichkeiten

Jobangebote sind von den Bewerbern ganzheitlich zu betrachten. Nicht allein auf das Preis-Leistungsverhältnis ist zu achten; auch das betriebliche Umfeld der Jobs ist auf Chancen zu analysieren, die mit seiner Annahme verbunden sind.

Deshalb kann es sinnvoll sein, dass Bewerber niedriger einsteigen, um später wie im Fahrstuhl die Karriereleiter zu hochzufahren.

Höherwertige Jobtitel

Höherwertige Titel können die Unterdotierung von Jobangeboten ausgleichen. Das ist der Fall, wenn die Bewerber eitel sind. Auf beruflichen Veranstaltungen macht sich für diese Leute ein höherer Titel gut; denn er täuscht über den wahren Wert des Jobs hinweg. Nicht zu unterschätzen ist das Bedürfnis, im Kreis der Bekannten oder Nachbarn angesehen zu sein. Viele Arbeitgeber haben längst erkannt, dass die Bezahlung der Mitarbeiter mit Titeln das Unternehmen kein Geld kostet.

Deshalb sind unter Umständen zu niedrig bezahlte, aber mit höherwertigen Titeln ausgestattete Jobangebote für die für Titel empfänglichen Bewerber keine unterdotierten Jobangebote.

Zusammenfassung von Annahmegründen

Für die Annahme unterdotierter Jobangebote durch die Bewerber mag es gute Gründe geben. Notsituationen allein sind selten solche Gründe, wie der Lateiner sagt: „Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.“ („Was du auch tust, tue es mit Überlegung und bedenke das Ende.“).

Anders verhält es sich, wenn mit dem Jobangebot Nebenleistungen oder Möglichkeiten, berufliche Erfahrungen zu sammeln, verbunden sind. Niedrige Lebenshaltungskosten in strukturschwachen Gebieten können unterdotierte Jobangebote ausgleichen. Höherwertige Titel der Jobangebote kompensieren die Unterdotierung in mehr Fällen, als man gemeinhin annimmt.

Fallen für unterdotierte Jobangebote

Selbst wenn sich Arbeitgeber mit ihren unterdotierten Jobangeboten auf der sicheren Seite fühlen, laufen sie doch Gefahr, in Fallen zu tappen. Dasselbe gilt für Bewerber.

Falle 1: Ausbleiben der Besetzungen der Jobs

Unterdotierte Jobangebote liegen unter dem Marktpreis. Bewerber finden sich selten bereit, Bezahlungen unter ihrem Marktwert zu akzeptieren. Deshalb müssen die Arbeitgeber damit rechnen, dass die angebotenen Jobs unbesetzt bleiben.

Beispiel Fachverlag

Ein mit zwei Geschäftsführern besetzter Fachverlag sucht mit einem unterdotierten Jobangebot seit Jahren erfolglos einen Vertriebsleiter. Einer der beiden Geschäftsführer hat die Vertriebsleitung seit ihrer Vakanz interimistisch mitübernommen. Sein Einsatz ist nicht erfolgreich, weil die Vertriebserlöse kontinuierlich zurückgehen. Der Abwärtstrend hat nicht nur gute Mitarbeiter gekostet; er hat auch weitere unterdotierte Jobangebote verursacht, die alle dasselbe Schicksal teilen. Viele Positionen sind inzwischen unbesetzt, weil der Fachverlag die Marktpreise nicht bezahlen will. Er ist also in die Falle ausbleibender Besetzungen der Jobs getappt.

Falle 2: Zu niedrige Qualifikation

Für die Arbeitgeber ergibt sich die Falle zu niedriger Qualifikation der Bewerber direkt aus der Unterdotierung der Jobangebote; denn im Markt treffen sich Leistungen und Gegenleistungen auf demselben Niveau, um ein Gleichgewicht herzustellen. Hohe Qualifikationen der Bewerber befinden sich mit Unterbezahlungen nicht im Gleichgewicht. Deshalb kommen Arbeitsverträge mit diesen Bewerbern nicht zustande; sondern nur Bewerber mit geringer Qualifikation nehmen unterdotierte Jobangebote an.

Die Annahme eines unterdotierten Jobangebotes ist dann eine Falle, wenn die geringe Qualifikation zur Bewältigung der Aufgabe nicht ausreicht. Daran ändert sich auch nichts, wenn Anfänger für höhere Aufgaben gesucht werden; denn deren Qualifikation ist im Zweifel zu gering.

Eine offensichtlichere Falle liegt vor, wenn die zu geringe Qualifikation mit der Unterdotierung sogar überbezahlt ist; denn, dass der Bewerber den Anforderungen des Jobs entsprechen wird, ist so gut wie ausgeschlossen.

Für die Bewerber ist die zu niedrige Qualifikation eine Falle bei der Annahme unterdotierter Jobangebote. Können sie nämlich die an sie gestellten Anforderungen nicht erfüllen, werden sie wegen Unfähigkeit gekündigt. In ihrem beruflichen Werdegang ist eine Position mit unrühmlichem Ende aufgeführt, die eine weitere Stellensuche erschwert.

Beispiel Yellow-Press-Verlag

Ein Yellow-Press-Verlag war durch die Corona-Pandemie in die wirtschaftliche Verlustzone geraten. Außerdem hatte sich die Verlegerin, die für den wirtschaftlichen Abstieg verantwortlich war, in den Mutterschutz begeben. Deshalb wurde ein Geschäftsführer gesucht.

Im Konditionengespräch erfuhr ein aussichtsreicher Kandidat, dass sein Jahreseinkommen 60.000 Euro betragen solle. Zwar sei es nicht gelungen, den schon länger offenen Job trotz der Nutzung verschiedener Beschaffungskanäle zu besetzen; doch die lange Zeit der Vakanz des Jobs sei kein Anlass, seine Unterdotierung zu beenden. Zur Not sei auch ein Berufsanfänger angenehm. Die Frage des Bewerbers, ob ein Berufsanfänger der geeignete Geschäftsführer zur Bewältigung der wirtschaftlichen Schieflage sei, blieb genauso offen wie die Stellenbesetzung.

Falle 3: Hohe Fluktuation der Jobs

Die dritte Falle, die unterdotierte Jobangebote aufstellen, ist eine hohe Fluktuation auf den Arbeitsplätzen. Sobald die Marktpreise für Jobs steigen, verlassen die „Schnäppchen“ ihre Arbeitgeber wieder oder „sinkende Schiffe“ wie den Yellow-Press-Verlag. Daraus kann sich eine never ending story entwickeln; sobald ein Job infolge einer höheren Dotierung bei einem anderen Verlag frei geworden ist, folgt seine unterdotierte Nachbesetzung. Dieser Kreislauf findet allerdings nur bei Firmen statt, die noch nicht in die Falle 1, das Ausbleiben von Besetzungen, getappt sind.

Mit dem Ende der Corona-Pandemie ist zu erwarten, dass nicht nur die Nachfrage nach Arbeitskräften, sondern auch der Marktpreis für Jobangebote steigen wird. Eine hohe Fluktuation wird die Folge sein.

Beispiel „Durchlauferhitzer“

Mit „Durchlauferhitzer“ wird ein Unternehmen bezeichnet, in dem die Besetzungen der Jobs einem ständigen Wechsel unterliegen. Dadurch fehlt es an einer betriebsnotwendigen personellen Konstanz.

„Durchlauferhitzer“ können aus unterschiedlichen Anlässen entstehen; einer ist ein schlechtes Betriebsklima, ein anderer zu niedrig bezahlte Jobs, die aus unterdotierten Jobangeboten resultieren.

Ein Beispiel ist die bereits erwähnte Besetzung der mit einer Reisetätigkeit verbundenen Verlagsleitung. Das unterdotierte Jobangebot ist an dem Gehaltsgefüge im Verlag orientiert und deshalb nicht veränderbar. Deshalb macht die Unveränderbarkeit des unterdotierten Jobangebots den Verlag zum „Durchlauferhitzer“.

Zusammenfassung der Fallen

Die drei beschriebenen Fallen sind die wichtigsten Fallen, die durch unterdotierte Jobangebote aufgestellt werden. Sie werden für die Unternehmen als Fallensteller selbst zu Fallen, wenn die unterdotierten Jobangebote die Besetzung der Jobs nicht nur behindern, sondern sogar verhindern.

Sobald sich aus den unterdotierten Jobangeboten Besetzungskreisläufe entwickeln, werden die Firmen zu „Durchlauferhitzern“. Die zu niedrige Qualifikation der Bewerber, die unterdotierte Jobangebote annehmen, ist eine Falle für die Unternehmen und Bewerber gleichermaßen. Die Firmen erhalten nicht die benötigte Leistung; die Bewerber verlieren mangels Qualifikation ihren Job wieder.

Call-to-Action

Zur ergänzenden Lektüre wird auf den Blog-Beitrag „Verzicht auf qualifizierte Bewerber – ein fahrlässiges Umdenken in den HR“  und auf die Beraterbriefe „Zu hohe Einkommen – Chinesische Mauer für die Unternehmen (Januar 2013) und „Gehaltshöhe als Wechselbarriere (Februar 2013) (www.kettembeil.de) hingewiesen.

Fazit

Den unterdotierten Jobangeboten, nicht den unterdotierten Jobs ist dieser Beitrag gewidmet; denn die unterdotierten Jobangebote drohen, in Krisenzeiten wie der Corona-Pandemie überhandzunehmen. Sie bilden ein wirtschaftliches Umfeld, in dem Jobs unsicher werden und unterdotierte Jobangebote an der Tagesordnung sind.

Doch die Firmen selbst haben ihre eigenen Gründe, weshalb sie unterdotierte Jobangebote abgeben. Sie können seriös, aber auch nur auf Schnäppchenjagd ausgelegt sein. Ihnen stehen Gründe gegenüber, die eine Annahme unterdotierter Jobangebote rechtfertigen. Doch so einleuchtend sie sein mögen, die Bewerber haben stets das Ende zu bedenken, das auf die Annahmen solcher Jobs folgt.

Deshalb sind zum Schluss die Fallen zu bedenken, die sich aus unterdotierten Jobangeboten ergeben. Jobs bleiben unbesetzt. Unterqualifizierte Bewerber werden eingestellt, aber verlieren schließlich ihre Jobs wieder. Und am Ende verlassen die Unterdotierten ihre Jobs zugunsten besserbezahlter Arbeitsplätze bei anderen Arbeitgebern. Eine hohe Fluktuation entsteht. Im schlechtesten Fall werden Unternehmen zu „Durchlauferhitzern“.

Categories: Bewerber

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