Die Verantwortlichkeit der Recruiter ist eine viel zu wenig beachtete Verpflichtung im Recruiting. Natürlich sind die Recruiter ihren Auftraggebern verpflichtet. Auch sind sie den Bewerbern verantwortlich, zu denen sie bei der Personalbeschaffung in Kontakt kommen. Gerade damit tun sich viele Recruiter schwer; denn sie begreifen solche Begegnungen nicht als Rechtsverhältnisse, weil sie keine schriftlichen Verträge wie Personalberatungsverträge oder Vermittlungsverträge sind. Deshalb halten die Recruiter ihren Umgang mit Bewerbern für eine Gefälligkeit, die sie ihnen nach Gutdünken erweisen. Allerdings kennen auch Bewerber die Rechtslage und die Verantwortlichkeit der Recruiter nicht.
Rechtliche Verantwortlichkeit
Die rechtliche Verantwortlichkeit der Recruiter ist den Rechtsverhältnissen geschuldet, in denen sie tätig sind.
Unselbstständige Recruiter
Das Arbeitsverhältnis der Recruiter in unselbstständiger Arbeit wird mit dem Arbeitsvertrag gem. § 611a BGB begründet. Er enthält das Stellenprofil sowie die Pflichten und Rechte der Recruiter. Vertraglich sind die Recruiter ihrem Arbeitgeber für ihre Arbeitsleistung voll verantwortlich. Gewöhnlich werden die Recruiter der Personalabteilung ihres Arbeitgebers zugeordnet.
Unternehmen für Personalberatung oder Personalvermittlung setzen Recruiter zur Personalbeschaffung für ihre Auftraggeber ein. Sie sind in diesen Firmen Mitarbeiter in den operativen für die Kunden tätigen Abteilungen.
Sonderfälle sind konzernabhängige Personalberatungen. Sie beschaffen Personal einerseits für die Unternehmen des Konzerns, können anderseits auch für Fremdfirmen tätig werden. Diese Recruiter sind arbeitsrechtlich ihren konzernabhängigen Arbeitgebern verantwortlich. Daraus können sich Probleme für ihre Unabhängigkeit ergeben.
Recruiter als freier Mitarbeiter
Recruiter als freie Mitarbeiter, häufig Freelancer genannt, sind selbstständig tätig. Vorwiegend arbeiten sie für Firmen der Personalberatung oder der Personalvermittlung. Ihre Aufgabe ist es, die Aufträge der Kunden operativ abzuwickeln.
Andere Freelancer verstärken die Personalabteilungen von Unternehmen, indem sie sporadische oder besondere Aufgaben wie das SEO-Recruiting übernehmen. Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass eine enge Bindung an den Auftraggeber das Freelancing zur Scheinselbstständigkeit macht.
Vertraglich sind die Freelancer ihren Auftraggebern für ihre Dienste nach § 611 BGB verantwortlich.
Personalberatungsunternehmen
Das Personalberatungsverhältnis wird zwischen den Firmen der Personalberatung und ihren Auftraggebern durch Personalberatungsverträge begründet. Es handelt sich dabei um Verträge, die unter Berücksichtigung ihrer Eigenart dem Maklervertrag gem. § 652 BGB zugeordnet werden. Die Verantwortlichkeit der Recruiter gegenüber ihren Auftraggebern beruht auf diesen Vereinbarungen.
Für die Verträge der privaten Personalvermittlung gilt das Maklervertragsrecht gem. § 652 ff BGB uneingeschränkt. Die private Personalvermittlung ist seit 28. März 2002 in Deutschland nicht mehr erlaubnispflichtig.
Für die private Arbeitsvermittlung mit den Vermittlungsgutscheinen der Bundesagentur für Arbeit als Ergänzung der öffentlich-rechtlichen Vermittlung gelten ausschließliche Vorschriften des Sozialgesetzbuches. Sie schreiben eine Zertifizierung der privaten Arbeitsvermittlung und ihre Honorierung vor. Sie regeln die Verwendung der unterschiedlichen Gutscheine, die Verträge mit Arbeitsuchenden und anderes mehr.
Anbahnungsverhältnis gegenüber den Bewerbern
Das Anbahnungsverhältnis regelt gem. §§ 311 Abs. 2 und 241 Abs. 2 BGB die Beziehung der Recruiter zu den Bewerbern. Es betrifft allerdings auch alle Personen im Einstellungsverfahren, die mit den Bewerbern direkt oder indirekt in Berührung kommen. Gehaftet wird also nicht nur für eigenes Verschulden, sondern auch für das Verschulden der Erfüllungsgehilfen gem. § 278 BGB.
Da das Anbahnungsverhältnis nicht in schriftlicher Form abgeschlossen wird, ist sein Vorliegen den Betroffenen selten bewusst. Es kommt nämlich allein mit dem Start des Bewerbungsverfahren etwa mit einem Anbahnungstelefonat oder schon mit dem Versand einer (Blind-)Bewerbung zustande.
Wechselseitige Verpflichtungen aus dem Anbahnungsverhältnis
Wechselseitig sind sich die Recruiter und Bewerber zur Loyalität, Fürsorge, Aufklärung und Verschwiegenheit verpflichtet. Ihre Leistungen haben sie „so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern“ § 242 BGB.
Zu den wechselseitigen Pflichten gehören für die Recruiter, dass sie nicht den Eindruck erwecken, die Bewerbung sei eine reine Formsache. Sie dürfen die Bewerbungsunterlagen ohne Zustimmung der Bewerber nicht an Dritte weitergeben. Bei der Auswahl der Bewerber haben sie insbesondere das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) beachten.
Im Gegenzug sind die wechselseitigen Verpflichtungen der Bewerber, in ihren mündlichen Äußerungen und schriftlichen Unterlagen bei der Wahrheit bleiben. Auch ungefragt haben sie wichtige Informationen an die Recruiter zu übermitteln. Sie müssen Bescheid sagen, wenn sie eine andere Stelle angenommen haben.
Schadensersatz aus dem Anbahnungsverhältnis
Schadensersatz wegen Primärschadens, etwa wenn der Abschluss eines Arbeitsvertrages nicht erfolgt ist, können die Bewerber aufgrund des Anbahnungsverhältnisses nicht fordern. Sie haben jedoch Anspruch auf Ersatz des negativen Interesses, also des geschädigten Vertrauens, wenn sie von den Recruitern getäuscht worden sind.
Die geschädigten Bewerber sind so zu stellen, wie sie ohne das schädigende Verhalten der Arbeitgeberseite gestanden hätten. Haben sie im Vertrauen auf eine Anstellung ihren sicheren Arbeitsplatz aufgegeben, können sie im Falle der Täuschung unbegrenzten Ersatz verlangen.
Viele Bewerber kennen jedoch ihre Rechte nicht, so dass sie ihre Vertrauensschäden nicht geltend machen. Folglich fehlt es auch an einer präzisierenden Rechtsprechung. Dadurch ist der Eindruck entstanden, die tatsächliche Situation spiegele die Rechtslage wider.
Zusammenfassung zur rechtlichen Verantwortlichkeit
Die rechtliche Verantwortlichkeit der Recruiter folgt zunächst aus ihren vertraglichen Bindungen an ihre Arbeitgeber oder Auftraggeber. Diesen Rechtsverhältnissen liegen in der Regel schriftliche Verträge zugrunde.
Anders verhält es sich mit den rechtlichen Verhältnissen zu den Bewerbern. Sie sind Anbahnungsverhältnisse und kommen tatsächlich durch den Bewerbungsprozess zustande, ohne dass es der Schriftlichkeit bedarf.
Die Verantwortlichkeit der Recruiter ist gegenüber den Bewerbern auf das negative Interesse beschränkt; aber diese Beschränkung ist kein Freibrief für die Recruiter. Im Gegenteil kann ein Ersatz von Vertrauensschäden für Recruiter sehr schmerzhaft sein.
Verantwortlichkeit aus der Seriosität von Recruitern und Auftraggebern gegenüber Bewerbern
Die Verantwortlichkeit der Recruiter gegenüber Bewerbern folgt auch aus ihrer eigenen Seriosität und der Seriosität der Auftraggeber. Viele Beispiele lassen sich finden. Teils kommen sie erwartet, teils unerwartet oder erst durch das Brennglas der Corona-Pandemie deutlich ans Licht.
Ein Fallbeispiel
Anhand eines Fallbeispiels soll die Verantwortlichkeit aus der Seriosität von Recruitern und Auftraggebern gegenüber Bewerbern dargestellt werden.
Schwierige wirtschaftliche Unternehmenssituation
Nach einigen erfolglosen Bemühungen gelang einem Konzern schließlich der Verkauf einer Tochtergesellschaft an einen branchenfremden Unternehmer. Als der Käufer eine miterworbene Vertriebskooperation kündigte, brach der Umsatz ein.
Maßnahmen gegen den Umsatzeinbruch
Um der Lage Herr zu werden, besetzte der Unternehmer die Positionen von Geschäftsführung und Verkaufsleitung mehrmals um. Auf anderen wichtigen Jobs setzte eine Fluktuation ein. Das Betriebsklima verschlechterte sich.
Eine Verkaufsstrategie kam nicht zustande, die zum Ausgleich der fehlenden Erlöse hätte führen können. Deshalb wurde Kurzarbeit zur Einsparung von Personalkosten beantragt; doch die eingesparten Kosten hatten nicht den erhofften Einfluss auf das Geschäftsergebnis.
Schwieriger Unternehmertyp
Die Entscheidungen des Unternehmers beruhten nicht nur auf seinen geringen Branchenkenntnissen, sondern auch auf seiner instabilen Persönlichkeitsstruktur. Er galt als unberechenbar, unzuverlässig und undurchsichtig. Seine Berater verstärkten in vorauseilendem Gehorsam seine psychischen Schwankungen.
Beauftragung einer Personalberatungsfirma
Schließlich wurde das Recruiting eines Verkaufsleiters erforderlich. Gewonnen wurde eine seriöse Personalberatungsfirma, deren Auftragslage wegen der Corona-Pandemie eingebrochen war.
Bevor sie mit der eigenen Personalsuche begann, sortierte sie alle zuvor eingegangenen Bewerbungen aus. Von den betroffenen Bewerbern angebotene persönliche oder per Video-Chat zu führende Vorstellungsgespräche lehnte sie kategorisch ab.
Seriosität der Recruiter beim Fallbeispiel
Aus der Seriosität der Recruiter folgt ihre Verantwortlichkeit gegenüber den Bewerbern.
Seriosität als Ruf begründendes Merkmal
Seriosität ist ein Merkmal für die Abwicklung der Aufträge durch Recruiter und zugleich für ihren Ruf in der Branche. Zugrunde liegen der Abwicklung und dem Ruf Verhaltensweisen, die sich in schwierigen Situationen offenbaren, nämlich Standhaftigkeit und Verlässlichkeit.
Nicht der schnelle Euro oder die auf Sympathie für einen Bewerber statt auf Qualifikation beruhende Stellenbesetzung sind die Anreize für den Erfolg der seriösen Recruiter; denn im Ergebnis lohnt sich die Seriosität für die Recruiter, auch wenn sie mit viel Arbeit verbunden ist.
Seriosität als Ruf
Die Seriosität begründet den Ruf, der Auftraggebern von Personalberatungsaufträgen wichtig ist. Bewerber fühlen sich geehrt, wenn sie von Recruitern, die im Ruf der Seriosität stehen, auf Jobangebote angesprochen werden.
Doch der mühsam erarbeitete Ruf der Seriosität ist leichter und schneller verspielt als geahnt. Dafür sorgt bereits der Wettbewerb, der hart ist und nicht schläft. Er besteht bei den Recruitern nämlich nicht nur aus harmlosen Marktbegleitern, sondern auch aus gewitzten Intriganten, die bei so manchem Kunden gern ein offenes Ohr finden.
Deshalb gilt es, auf der Hut zu sein und den Ruf der Seriosität täglich neu zu verteidigen. Selbstlosigkeit und Aufopferung sind damit allerdings nicht verbunden; es geht den Recruitern schließlich darum, sich mit dem Ruf der Seriosität ein stabiles Geschäft zu sichern.
Verantwortlichkeit aus dem Ruf der Seriosität
Aus dem Ruf der Seriosität, nicht für den Ruf der Seriosität, sind die Recruiter den Bewerbern verantwortlich. Für ihren Ruf tragen die Recruiter vor allem sich selbst und sonst niemandem gegenüber Verantwortung.
Die Verantwortlichkeit der Recruiter aus ihrem Ruf der Seriosität beruht auf dem Anbahnungsverhältnis mit den Bewerbern. Bewerber bringen seriösen Recruitern mehr Vertrauen entgegen und sind eher bereit, ihnen ihre vertraulichen Bewerbungsunterlagen zu überlassen.
Beurteilung des Fallbeispiels
Im dargestellten Fall übernimmt eine bis dahin seriöse Personalberatungsfirma von einem unseriösen Arbeitgeber den Auftrag zur Beschaffung eines Verkaufsleiters.
Annahme des Auftrags
Die Personalberatungsfirma sieht sich durch ihre von der Corona-Pandemie ausgelösten Umsatzeinbrüche dazu veranlasst, über den eigenen Schatten, nämlich den Schatten der Seriosität, zu springen.
Über diese Entscheidung gilt es hier nicht, den moralischen Zeigefinger mit Bert Brecht zu heben: „Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral“ (Die Dreigroschenoper).
Für diese Entscheidung ist die Personalberatungsfirma nur sich selbst verantwortlich.
Verantwortlichkeit gegenüber Bewerbern
Anders verhält es sich mit der Verantwortlichkeit der Personalberatung gegenüber den Bewerbern, mit denen sie zur Anbahnung in Kontakt kommt. Die Personalberatung ist ihnen zur Seriosität verpflichtet.
Es ist aber unwahrscheinlich, dass sie sich daran gebunden fühlt und sich gegenüber ihrem Arbeitgeber nicht wie ein mittelalterlicher Minnesänger verhält: „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.“
Eine seriöse Beratungsleistung ist nämlich aufgrund der Sprunghaftigkeit des Unternehmers im Fallspiel unwahrscheinlich; denn sie sorgt für die Fluktuation in der Firma und die Unsicherheit der Arbeitsplätze. Die Sprunghaftigkeit zu bezwingen, wird der Personalberatung nicht möglich sein.
Deshalb kann sie die Seriosität des auftraggebenden Unternehmens den Bewerbern nicht garantieren.
Verantwortlichkeit gegenüber aussortierten Bewerbern
Ihre neue Unseriosität hat die einst seriöse Personalberatung bereits unter Beweis gestellt. Sie hat die ihr übergebenen Bewerbungsunterlagen ganz außer Acht gelassen. Sie hat sogar Vorstellungsgespräche verweigert, die von den aussortierten Bewerbern als persönliche Treffen oder per Videochat angeboten worden waren.
Verstoß gegen die Verantwortlichkeit
Durch diese Verweigerung hat die Personalberatung es an der Verantwortlichkeit gegenüber den Bewerbern aus dem Anbahnungsverhältnis fehlen lassen.
Sie hat auch gegen ihren Personalberatungsvertrag verstoßen. Dessen Erfüllung hat sie dadurch behindert oder gar vereitelt, dass sie aussichtsreiche Bewerber ihrem Auftraggeber nicht vorgestellt hat. So hat sie dem Unternehmer die Gelegenheit genommen, über die Einstellung selbst zu befinden.
Beurteilung zur Seriosität der Recruiter im Fallbeispiel
Mit der Annahme des Personalberatungsauftrags hat die Personalberatungsfirma ihre Seriosität aufgegeben.
Sie ist nicht in der Lage, für die Seriosität ihres Auftraggebers einzustehen.
Eine in den Anbahnungsverhältnissen geschuldete Verantwortlichkeit gegenüber den Bewerbern muss sie schuldig bleiben.
Die aussortierten Bewerber hat sie rechtswidrig aus dem Bewerbungsverfahren genommen. Damit ist sie gegenüber ihrem Auftraggeber sogar vertragsbrüchig geworden. Mit Seriosität haben die Rechtsbrüche nichts mehr zu tun.
Zusammenfassung zum Beispiel Seriosität der Recruiter
Die Seriosität ist ein Ruf begründendes Merkmal der Recruiter, die es zu wahren gilt.
Ist der Ruf der Seriosität einmal erworben, lässt er sich zur Akquisition von Aufträgen einsetzen; denn Bewerber, die von der Verantwortlichkeit der Recruiter im Anbahnungsverhältnis überzeugt sind, können später ihre Auftraggeber sein.
Leider kann die Seriosität schneller verspielt sein, als sie gewonnen wurde. Ihr Erwerb basiert auf harter Arbeit, ihr Verlust auf einer unbedachten Aktion, wie der zitierte Fall zeigt. Selbst Umsatzverlust durch die Corona-Pandemie oder durch Maßnahmen des politischen Krisenmanagements dürfen nicht zur voreiligen Annahme von Aufträgen führen.
Eine einmal beschädigte Seriosität der Recruiter lässt sich nur schwer reparieren.
Seriosität der Auftraggeber beim Fallbeispiel
Aus der Seriosität der Arbeitgeber folgt ihre Verantwortlichkeit gegenüber den Bewerbern.
Für die Seriosität der Auftraggeber sind die Recruiter den Bewerbern nur bedingt verantwortlich.
So können die Recruiter nicht beeinflussen, wie ihre Auftraggeber im Markt positioniert oder finanziell ausgestattet sind. Wenn eine wirtschaftliche Schieflage droht, sind vielleicht die beauftragten Jobs nicht mehr gesichert. Die Bewerber laufen Gefahr, eine ungesicherte Stelle anzunehmen, nachdem sie ihre ungefährdeten Jobs verlassen haben.
Die Verantwortlichkeit für solche Situationen liegt zwar bei den Auftraggebern, aber gegenüber den Bewerbern bei den Recruitern. Deshalb müssen sich die Recruiter gut überlegen, ob sie solche Aufträge annehmen können; denn im Auftragsfalle gilt die Verantwortlichkeit der Recruiter gegenüber den Bewerbern im Anbahnungsverhältnis. Das Haftungsrisiko der Recruiter steigt in unbekannte Höhen.
Verantwortlichkeit für den Bestand der Jobs
Der Bestand der Jobs ist das wichtigste Auftragskriterium für die Beschaffungsaufträge der Recruiter. Dafür sind die Auftraggeber verantwortlich.
Nichtexistierende Jobs
Natürlich sind die Fälle sehr selten, dass Jobs von Anfang an überhaupt nicht existieren. Aber Jobs, die zur Besetzung ausgeschrieben sind, können nachträglich aus unterschiedlichen, seriösen Gründen nicht mehr besetzt werden. Beispiele sind, dass die Abteilung verkleinert, die Jobs mit einem anderen zusammengelegt oder Geschäftsfelder aufgegeben werden sollen.
In diesen Fällen trifft die Entscheidung der Auftraggeber; die Seriosität der Recruiter ist davon nicht betroffen. Sie müssen aber gemäß der Verantwortlichkeit der Recruiter die Bewerber über die neue Situation informieren und das Anbahnungsverhältnis korrekt abwickeln.
Jobfallen durch nichtexistierende Jobs
Unter Jobfallen sind offene Jobangebote zu verstehen, die gar nicht mehr zu besetzen sind. Sie dienen dazu, dass sich die Auftraggeber oder auch die Recruiter selbst einen Überblick über den Bewerbermarkt verschaffen wollen.
Unseriöse Recruiter setzen sie ein, um sich in engen Märkten oder bei Fachkräftemangel mit Bewerbern zu bevorraten. Auch bieten die Recruiter diese Bewerber ausgesuchten Unternehmen mit dem Ziel blind an, sie als Kunden zu gewinnen.
Jobfallen sind grundsätzlich unseriös.
Werden die Jobfallen von Auftraggebern aufgestellt, fallen sie nicht nur in deren Verantwortlichkeit, sondern auch in die Verantwortlichkeit der Recruiter gegenüber den Bewerbern.
Kurzarbeit
Kurzarbeit ist eine vorrübergehende Verringerung der vertraglichen Arbeitszeit in einem Betrieb, die auf Arbeitsausfall beruht. Die Kurzarbeit muss nicht alle Arbeitnehmer betreffen. Während der Corona-Pandemie wurden die Regelungen zu Kurzarbeit erweitert und verlängert. Betroffene Arbeitgeber nahmen sie gern an. Nicht betroffene Firmen nutzen das Angebot der Kurzarbeit missbräuchlich aus.
Personaleinstellungen sind während der Kurzarbeit nachrangig zu behandeln. Eine Neuverteilung der Arbeit auf andere Jobs oder Versetzungen von Arbeitnehmern sind zur Vermeidung von Einstellungen vorzunehmen. Erst wenn diese Maßnahmen nicht ausreichen, ist eine Einstellung als unvermeidbar erlaubt.
Die Unvermeidbarkeit von Einstellungen während der Kurzarbeit zu garantieren, ist Sache der Arbeitgeber. Sie nachzuprüfen, fällt in die Verantwortlichkeit der Recruiter gegenüber den Bewerbern und fördert die Seriosität der Recruiter.
Fluktuation
Fluktuation bedeutet einen ständigen Wechsel der Arbeitnehmer auf ihren Arbeitsplätzen. Sie ist also für die Unsicherheit der Jobs in einem Unternehmen typisch. Das gilt auch dann, wenn die Fluktuation der Arbeitskräfte von den Arbeitgebern gewollt ist.
Bei der Fluktuation kommt es nicht darauf an, ob das Unternehmen kündigt oder die Arbeitnehmer ihre Jobs aus eigenem Antrieb verlassen. Eine Fluktuation schädigt auf jeden Fall den Ruf eines Unternehmens als Arbeitgeber und macht es zum „Durchlauferhitzer“. Eine hohe Fluktuation ist zugleich ein Zeichen für ein angeschlagenes Betriebsklima.
Allein die Arbeitgeber können die Fluktuation beeinflussen und deren schädigenden Einfluss auf das Betriebsklima beenden. Deshalb tragen auch nur sie die Verantwortung dafür. Die Verantwortlichkeit der Recruiter setzt ein, sobald sie Jobangebote mit hoher Fluktuation unterbreiten, ohne die Bewerber darüber zu informieren; denn die angesprochenen Bewerber müssen wissen, wie es um die Sicherheit der Jobs bestellt ist.
Von Fluktuation ausgelöste Jobangebote fördern weder die Seriosität der Auftraggeber noch die Seriosität der Recruiter.
Beurteilung zur Seriosität der Arbeitgeber im Fallbeispiel
Das Fallbeispiel ist ein zutreffendes Beispiel für mangelnde Seriosität der Arbeitgeber.
Der schwankende Charakter des Unternehmers wirkte sich negativ auf die Entwicklung der Firma aus. Hinzukamen fehlende Kenntnisse der Branche, unfähige Berater und wirtschaftliche Einbrüche. Das Schmieden von Kooperationen mit ähnlich gelagerten Firmen zur Stabilisierung der Firma blieb ihm verwehrt.
Durch nicht nachvollziehbare Kündigungen sorgte der Unternehmer für Fluktuation bei den Führungskräften, Verbunden mit der Kurzarbeit, vermittelten Kündigungen der Belegschaft ein Gefühl der Unsicherheit ihrer Jobs; denn an der Nachhaltigkeit anderer wichtiger Jobs war der sprunghafte und undurchsichtige Unternehmer nicht interessiert. Er beschädigte das Betriebsklima, indem er die Firma zum personellen „Durchlauferhitzer“ hatte verkommen lassen.
Der Mangel an Seriosität zieht sich wie ein roter Faden durch den gesamten Fall eines Unternehmensverkaufs. Ein branchenfremder Firmenkäufer verspielte die Seriosität des übernommenen Unternehmens als Auftraggeber für Jobangebote.
Zusammenfassung zum Beispiel Seriosität der Auftraggeber
Für die Vergabe für Jobangebote ist die Seriosität der Auftraggeber von ausschlaggebender Bedeutung; denn sie entscheidet darüber, ob ein Jobangebot erfolgreich ist. Mängel in der Seriosität der Auftraggeber lassen sich auch nicht auf die Verantwortlichkeit der Recruiter gegenüber den Bewerbern verlagern.
Die Gewährleistung des Bestands der Jobs, die Berücksichtigung von Kurzarbeit und die Fluktuation fallen in die Verantwortlichkeit der Auftraggeber. Die Auftraggeber haben zu garantieren, dass die Jobangebote keine Fallen enthalten. Die angebotenen Jobs müssen tatsächlich existieren und trotz Kurzarbeit besetzbar sein. Eine das Betriebsklima schädigende Fluktuation der Jobs ist zu unterbinden.
Sobald diese Kriterien berücksichtigt sind, kann von einer Seriosität der Auftraggeber gesprochen werden. Sie ist eine Voraussetzung für die Seriosität der Recruiter. Mangelnde Seriosität der Aufraggeber entbindet die Recruiter aber nicht von ihrer Verantwortlichkeit gegenüber den Bewerbern.
Zusammenfassung zur Verantwortlichkeit aus der Seriosität von Recruitern und Auftraggebern gegenüber Bewerbern
Aus der Seriosität von Recruitern und Auftraggebern sind die Recruiter gegenüber den Bewerbern aus dem Anbahnungsverhältnis verantwortlich. Die Verantwortlichkeit betrifft vorwiegend die Folgen der Annahme eines Auftrages, seine Abwicklung und die Behandlung der Bewerber und deren Unterlagen durch die Recruiter.
Allerdings ist die Verantwortlichkeit der Recruiter für die Seriosität der Auftraggeber eingeschränkt. Sofern sie nämlich darauf keinen Einfluss haben, können sie nicht zur Verantwortung gezogen werden. Kurzarbeit, Fluktuation im Unternehmen oder das Betriebsklima sind Ereignisse, die nur von den Auftraggebern zu vertreten sind. Die Recruiter müssen in diesen Fällen die Bewerber aber über deren Auswirkungen informieren.
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Fazit
Die Verantwortlichkeit der Recruiter ist eine viel zu wenig beachtete Verpflichtung. In den Rechtsverhältnissen, die durch schriftliche Verträge hinterlegt sind, bedarf die Verantwortlichkeit der Recruiter keiner besonderen Erwähnung. Arbeitgeber und Auftraggeber kennen ihre Ansprüche und auch den Weg zum Gericht.
Anders verhält es sich mit der Verantwortlichkeit der Recruiter gegenüber den Bewerbern. Sie existiert sehr wohl, auch wenn sie mangels Schriftlichkeit nicht manifestiert ist. Ihre Rechtgrundlage sind die Anbahnungsverhältnisse, die Recruiter für das negative Interesse der Bewerber haften lassen. Die Haftungssummen für Vertrauensschäden sind unbegrenzt. Aber den Weg zum Gericht finden die geschädigten Bewerber nur selten.
Die Seriosität der Recruiter ist ein hohes Gut, welches auf die Verlässlichkeit der Recruiter schließen lässt. Liegt sie nicht vor, sind die Recruiter nicht verlässlich. Die Seriosität der Auftraggeber kann von den Recruitern oft nicht beeinflusst werden; aber sie ist dennoch von ihnen gegenüber den Bewerbern zu vertreten. Im Zweifel dürfen die Recruiter Aufträge von unseriösen Auftraggebern nicht annehmen.
Die Verantwortlichkeit der Recruiter ist gerade während der Corona-Pandemie gefragt. Recruiter wie Auftraggeber verlassen sich nämlich darauf, dass die Bewerber weder ihre Rechte aus den Anbahnungsverhältnissen kennen noch den Weg zum Gericht beschreiten.
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